Golden Pudel Club, Kultlocation an der Hafenstraße. Nach dem Brand vor ca. einem Jahr neu eröffnet. Muss man wissen, sieht man nicht. Dunkel, klein, dreckig, gemütlich. Unangenehm viele Zettel an der Wand warnen vor Taschendieben. Ungewöhnlich in so alternativer Location. Perfektes Ambiente für die beiden Bands Lafote und Kala Brisella.
Die winzige Bühne ist rappelvoll. Rechts daneben liegen die Effektpedalen auf einem Koffer. Links davor auf Bierkisten. Selbst das Mikro, auf 2,50m geschraubt, findet nur noch Platz im Publikum.
Lafote machen den Anfang. Seit vier Jahren sind die drei Jungs aus Hamburg schon unterwegs. Diese Woche kommt (endlich) ihr Debutalbum „FIN“, französisch ausgesprochen. Es beherrscht logischerweise den Gig.
Der Raum angenehm voll. Vorsichtiger Abstand vor der Bühne. „Der Riss geht durch dich hindurch“ macht den Anfang. Abgehackter Sound treibt voran, sie kommen sofort zur Sache. Jakob Groothoff an Gitarre und Mikro gibt alles. Man kann auf einem halben Quadratmeter tanzen. Hoch motiviert, noch etwas steif.
„Ich mag es, wenn traurige Augen Funken sprühen. Wir werden hier ja eh niemals zufrieden sein“. Der erste Satz setzt den Tenor für die Texte. „Knoten“ schrammelt knochentrocken und abgehackt los. Gesang minimal, eintönig. Gitarre und Bass steigern sich in schnelles Stakkato. Kurze noise Passagen kommen jazzig daher. Erfrischend neuer Sound.
„Ich weiß nicht was ich tun soll“ – das gilt nicht auf der Bühne. Alle drei wissen sehr genau, was sie tun sollen. Spaß übertönt die frustrierten Texte. Die Füße mehr auf Hüfthöhe als am Boden.
Kurz etwas ruhigere Gangart, es entfalten sich erste Teppiche. „Nur der Zusammenbruch ist echt“, lange Titel scheinen in Mode. Ruhigere Stellen weichen hektischer Gitarre, die erinnert entfernt an den Jazz von Panzerballett. „Spaghettieis“ kommt mit viel mehr Druck als auf Platte. Das Singen von Balladen sollten sie trotzdem nochmal überdenken.
Rührige Umbaupause, die Effekte vervielfachen sich. Ambiente hat was von Proberaum. So auch der aufweckende Mini-Soundcheck. Ohne Pause geht’s los, alle drei von Kala Brisella sind gleich voll dabei.
„Dein Du“ legt flott los. Ja, alles klar. Keine Fragen mehr offen. Gitarrenmelodie dominiert, Gesang etwas unterpräsentiert. Live deutlich weniger subtil. Insgesamt kräftiger als vor kurzem in der Hanseplatte.
Weiter geht es einmal quer durch die neue Platte „Ghost“. Krachiger Druck wechselt mit schleppendem Noise. Tösender Sound mit leisen Stellen, man hört sogar Drumstick auf Oberschenkel. Die Gitarre kreist zumeist über allem.
Anja Müller am Schlagzeug akkurat wie eine Taktmaschine. Als Zentrum der guten Laune schiebt sie den Sound voran.
„Kommst du mit mir“, in den lauten Passagen baut sich der Sound schon mächtig auf, die Gitarre führt. „King Of The Moon“. Nicht nur das neue, herrlich absurde Konsolen-Video, auch die finale Eröffnung der Party. Ab jetzt gibt es nur noch vorwärts.
Das Weinglas ist schon leer. Die trockenen Drums zum Glück nicht, „In Spiralen“. Das musikalische Highlight des Abends. Schlagzeug und Bass treffen den Bauch. Langsam, dafür umso kräftiger. Akkurat auf den Punkt bis zur Schmerzgrenze der Genauigkeit.
„Gespenster“ ersetzt den Druck durch eine massive Wand aus Bass und Gitarre mit viel Becken. „I’m Sorry“ wird zum Partyknaller mit Niveau. Die Eskalation beginnt schleichend aber unaufhaltbar. Ab jetzt keine Gefangenen mehr, ekstatisches Headbangen.
„Endlich krank“, Titeltrack der Debutscheibe, die Klimax. Gesang wird zu schreien, Gitarre zerrt, Bass wummert. Die stampfenden Stellen wirken erholend im Noise. Immer weiter. Akrobatik mit Drumsticks auf dem Fensterbrett.
„Gelandet“ als Zugabe. Massiver Hall justiert den Adrenalinpegel wieder auf erträgliches Niveau.
Kein „Support“, kein „Headliner“. Zwei ebenbürtige Bands in knallenger, aber für sie idealer Umgebung.