Whoop, whoop! Das Warten hat ein Dende! Nach seinem Vorab-Release „Litbarski“, dem generationsübertölpenden Seifendrama zwischen einer feierversessenen Frau, die’s lit findet, in Bars zu driften (vielleicht daher die schüttellyrische Komposition des Tracktitels?) und dem ollen Borussia-Gelsenkirchen-Fan, der im Nest hängt und – nahe würd’s liegen – nach Buden der Effzeh-Legende Pierre auf VHS schmachtet, ahnte man schon Schlimmeres.
Der Trap-Tenor Dendemanns, der zuletzt erfolgreich als Böhmis musikalischer Concierge ins Rampenlicht trat, hatte an der Kitschkrieg-Front beinahe was zum Fremdschämen.
Da glaubte man erst noch, dass der Wickeder mitunter alles andere als wicked war (demnächst dann Feature mit mir!) und nun eher die Rolle des verhaltensauffälligen Stiefvaters bekleidete, der unangekündigt in den Partykeller des (unter nüchternen Aspekten) verhassten Filius stolpert – yay, einmal noch dazu gehören!
Doch – denn damit verdattelt sich im Grunde die Musikjournaille, wenn sie Daniel Ebels Alter als dringlich zu begrantelnden Parameter seines Kreativvermögens betrachten will – Age-Shaming ist hier genauso fehl am Platz wie Neujahrsvorsätze im Mai.
Möglicher Redaktionsdialog:
A: „Wer kommt bloß auf die Idee, mit 44 noch zu sprechsingen?“
B: „Voll, das ist doch was für die jungen Leute wie Sido.“
Genau solche engstirnigen Blickwinkel bestrahlt Dendemann mit weltkluger Eloquenz und daraus folgernd xenon-greller Relevanz. Bestimmt ist sein Flow nicht der eines Julius Endlers, doch seine ausgebuffte und pedantische Sinnstiftung, die alltagsbasierte Geschichten in gesellschaftlich-kolossale Zusammenhänge bringt, ist auf „da nich für!“ ungebrochener Trumpf.
Wenn Titel wie „Ich Dende also bin ich“ im Lauf bissiger 808-Kicks das lauchige Geltungsverlangen der Post-Milch-Generation hinterfragen oder „Alle Jubilare wieder“ unseren goutierten Selbstbetrug als letzte Bastion eskapistischer Sinnkrise versteht, dann ist das – und ich war wahrlich nie ein Dendemanhänger – schlichtweg meisterlich.
Selbst in „Keine Parolen“ ist Dende „Drauf & Dran“ (übrigens ein unfassbar catchiger Afrobeat-Banger), den Rap-Pädagogen zu geben, ohne dabei auch nur im Geringsten spießig zu wirken.
Seidene Jazz-Tupfer wie in „Müde“ oder „Nochn Gedicht“ stehen derweil im kalkuliert phonetischen Kontrast zur stahlkalt-industriellen „Menschine“, dessen Chicago-Drill-Beats und bestimmt ironisch gemeinten „Lauf!“- und „Kauf!“-Imperative noch – will man auf „da nich für!“ vielleicht doch was beanstanden – am abgelutschtesten sind.
Ach, übrigens: Die Beginner, Casper und Arnim Teutoburg-Weiß kommen auch zu Wort. Sie wiegen hier jedoch nichts auf, sondern bekommen ihre Rolle des hörbar autark agierenden Hip-Hop-Descartes, der beat-technisch von den Berliner Krauts beliefert wird, feinspurig zugeteilt.
Für all diese Klugheiten, die vom Meta-Thron süffisieren, kann man Dendemann gar nicht zu viel danken. Das schien er aber schon vorher gewusst zu haben. Von daher: „da nich für!“