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Julien Baker – Little Oblivions

Die Politik und Julien Baker haben 2021 eine Gemeinsamkeit: Die Welt lieber beschreiben, denn verändern. Lieber auf Sicht fahren, als gegen die Wand zu rennen.

Und so ist eine der bedeutendsten Songwriterinnen der vergangenen fünf Jahre zurück mit einem überraschend unentschlossenen Album. Dabei hätte „Little Oblivions“ zum ganz großen Wurf werden können.

Nach ihrem couragierten, leicht grungigen Singer/Songwriter-Debüt „Sprained Ankle“ und dem breitwandigeren, opulent schönen Nachfolger „Turn Out The Lights“, hat sie ihr drittes Album als eine Art Best Of Both Worlds angelegt und dabei offensichtlich mehr Fokus auf Sound und Atmosphäre gelegt, denn auf emotional packende Songs.

Bakers großartige Stimme ist nach wie vor das Mark ihres Schaffens, trifft aber auf „Littel Oblivions“ nur selten in selbiges. Zu beliebig plätschern die Melodien über ihre Lippen, zu austauschbar werden die potenziellen Gänsehautmomente, die auf den Vorgängern noch eine eindeutige Klimax besaßen.

Strukturell gesichert sind nur noch Anfang und Ende eines Songs. Dazwischen fließt eine lieblich melancholische Masse, die sich mehr anhand ihrer Viskosität denn Virtuosität beschreiben lässt.

Das immanent Lethargische dieses Albums; man kann es ihr nur schwer verübeln. Eventuell schwingt sogar ein wenig Kalkül mit, wenn Julien Baker im Opener „Hardline“ mit verzerrten Orgel-Akkorden den pastoralen Anstrich wählt, der ihren Glauben unterstreicht und thematisch um Drogenmissbrauch, Depressionen und die Last der Barmherzigkeit kreist.

Am deutlichsten wird die Lethargie der Platte dann zum Ende: „Ziptie“, „Highlight Reel“ oder „Repeat“ sind durchweg solide Songs und wirken doch so lustlos, erschöpft und träge. Das ist womöglich nur konsequent, denn Lethargie ist, was wir alle derzeit fühlen. Aber eben nicht, was wir brauchen.

Und so ist „Little Oblivions“ weder das bedrückende Album, zu dem es sich ins Kissen weinen lässt, noch der Mutmacher in schweren Zeiten. Und offensichtlich funktionieren im nicht Enden wollenden Lockdown nur noch diese zwei Extreme.

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