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Das war schon eine beeindruckende Erfahrung – Loney Dear im Interview

Lange Zeit versuchte sich Emil Svanängens aka Loney Dear an perfekt skizzierten Singer-Songwriter-Klangcollagen. Auf seinem neuen Studioalbum “A Lantern And A Bell” lässt der schwedische Sänger nun jeglichen Druck außen vor. Was im Frühjahr 2021 nur noch zählt, ist das simple Fundament. Ein Kontrabass, ein Klavier, ein paar maritime Klangeinwürfe und natürlich Emils unverkennbares Falsett-Organ: Mehr braucht es nicht, um Freunde von atmosphärischen Singer/Songwriter-Sounds zu begeistern. Wir trafen uns mit Emil zum Interview und sprachen über einsame Weihnachtstage, Johann Sebastian Bach und Peter Gabriel.

MusikBlog: Emil, wir leben in einer verrückten und besorgniserregenden Zeit. Die Corona-Pandemie hat die Welt fest im Griff. Ich habe gehört, dass es dich im letzten Jahr auch erwischt hat. Wie hast du dich gefühlt, als du erfahren hast, dass du dich mit dem Virus angesteckt hast?

Loney Dear: Ja, das war ziemlich crazy. Ich habe mich um die Weihnachtstage angesteckt. Zuerst war ich natürlich total besorgt. Ich habe mich auf viele furchtbare Tage eingestellt. Aber dann kam irgendwie alles ganz anders. Sicher, ich wäre in dieser Zeit viel lieber mit meinen Freunden und meiner Familie zusammen gewesen. Aber die Isolation war gar nicht so übel. Ich war tagelang allein in meinem Appartment. Da war eine ganz besondere Stimmung zugegen. Alles war komplett ruhig und unaufgeregt. Quasi über Nacht wurde mein Leben komplett runtergefahren. Das war schon eine beeindruckende Erfahrung.

MusikBlog: Wie hast du dich die letzten 12 Monate als Künstler gefühlt?

Loney Dear: Um ehrlich zu sein, hat sich da nicht viel verändert. Natürlich hätte ich gerne mehr Konzerte gespielt. Aber abseits der Live-Situation waren die Einschnitte nicht so groß. Ich hatte aber auch immer viel zu tun. Als die ersten Fälle bekannt wurden, steckte ich gerade mitten in einem Umzug. Dann stand die Albumproduktion an. Zusammen mit meinem Produzenten Emanuel Lundgren habe ich dann in Stockholm in einer künstlerischen Blase gelebt und gearbeitet. In der ging es dann nur noch um Musik.

MusikBlog: Die Musik, von der du redest, klingt unheimlich entspannt und reduziert.

Loney Dear: Wir wollten es diesmal sehr simpel halten. Das war unser großes Ziel. In der Vergangenheit gab es immer wieder Momente, in denen ich beim Songwriting, oder auch später beim Aufnehmen das Gefühl hatte, dass noch irgendwas fehlt. Diesmal war es ganz anders. Diesmal war da eigentlich nur das Klavier, oder das Keyboard, und meine Stimme. Natürlich sind auf den neuen Songs auch noch andere Instrumente und Sounds zu hören. Aber das Gefühl war: Hier ist nur das Piano und meine Stimme. Und mehr braucht es auch nicht.

MusikBlog: Wieviel braucht es für einen guten Songtext?

Loney Dear: Oh, Mit Songtexten stand ich zu Beginn meiner Karriere ziemlich auf dem Kriegsfuß. Mittlerweile hat sich da aber eine sehr intensive Leidenschaft entwickelt. Die Kunst, mit Worten zu spielen, ist mir in den letzten Jahren immer wichtiger geworden. Ich finde es faszinierend, wie man mit der Kraft der Poesie, eindringliche und nachhaltige Geschichten erzählen kann.

MusikBlog: Wie sieht es in punkto Einflüsse aus? Lässt du dich beim Schreiben von neuen Songs von anderen Künstlern inspirieren?

Loney Dear: Ich höre schon regelmäßig Musik, definitiv. Und sicherlich bleibt da auch das eine oder andere hängen. Aber bewusst inspirieren oder leiten lasse ich mich eigentlich nur von Johann Sebastian Bach. Ich bin ein großer Fan und Freund seines Schaffens.

MusikBlog: Du bist seit einiger Zeit bei Peter Gabriels Label Real World unter Vertrag. Peter ist ein großer Fan deiner Musik. Vor einiger Zeit nannte er dich „Europas Antwort auf Brian Wilson“. Wie gehst du mit solchen Lobeshymnen um?

Loney Dear: Ich freue mich natürlich darüber, ganz klar. Peter ist ein begnadeter Künstler mit einer beeindruckenden Geschichte. Er war auch sehr involviert in den Produktionsprozess des Albums. Peter interessiert sich unheimlich für die technischen Umsetzungen, das Mixen und das ganze Drumherum. Da kann man sehr lange und intensiv mit ihm drüber reden. Das macht ihm große Freude, da ist er mit Herz und Leidenschaft dabei. Es kommen auch immer interessante Gespräche zustande.

MusikBlog: Peter Gabriel hat einst ganze Stadien gefüllt. Wo fühlst du dich mit deiner Musik am wohlsten?

Loney Dear: Ich bin immer froh und glücklich, wenn die Location voller Menschen ist. Da spielt die Größe des Ganzen eher keine so wichtige Rolle. Ich trete beispielsweise sehr gerne in Kirchen auf. Da fühle ich mich mit meiner Musik immer sehr wohl. Grundsätzlich denke ich, dass es auch immer viel mit dem zu tun hat, was man präsentiert. Hätte ich eine laute Band um mich herum, würde eine Kirche wahrscheinlich nicht so gut passen. Es kommt also auch immer ein bisschen auf das Zusammenspiel zwischen Venue und Musik an.

MusikBlog: Erinnerst du dich an bestimmte Momente, in denen dir bewusst wurde, dass du mit deiner Musik Erfolg haben könntest?

Loney Dear: Ich habe Erfolg für mich persönlich nie als ein Ziel angesehen. Natürlich freut man sich, wenn man Zuspruch von außen erhält und man mit der Musik auf Tour gehen kann. Das ist wichtig, und natürlich auch eine Bestätigung. Aber für mich war immer der Drang nach kreativer Arbeit die treibende Kraft. Musik hat für mich ganz viel mit Leidenschaft zu tun. Und genau das tue ich: Ich gehe meiner größten Leidenschaft nach. Und klar, ich freue mich natürlich darüber, dass das, was dabei rauskommt, auch anderen Menschen gefällt.

MusikBlog: Vielen Dank für das Interview.

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