In den meisten westlichen Ländern sind rappende Frauen längst im Hip-Hop etabliert und kommerziell erfolgreich – ob alle von männlichen Kollegen akzeptiert werden, ist eine andere Frage. In der Ukraine ist das aber grundsätzlich noch eine Besonderheit. Alyona Alyona gilt sogar als erste rappende Frau des Landes.
Ihre Texte sind hauptsächlich auf ihrer Muttersprache Ukrainisch. Eine politische Botschaft steckt allerdings nicht hinter der Sprachauswahl. Auch wenn die Künstlerin bereits von Präsident Petro Poroschenko auf eine Veranstaltung eingeladen wurde, will sie sich in ihrer Musik nicht zur Politik positionieren.
Dass sie Ukrainisch rappt, hat vielmehr einen praktischen Hintergrund. In ihrer Muttersprache könne Alyona, wie auch ihr bürgerlicher Vorname lautet, sich schlichtweg besser ausdrücken, sagt sie.
Ein paar englische Zeilen sind trotzdem auf ihrem zweiten Album „Galas“ zu hören. Meistens werden die aber von ihren Featuring-Partnern wiedergegeben. Und die gibt es hier zuhauf, von ukrainischen Stars wie MONATIK über den deutsch-ukrainischen Rapper Olexesh bis zu Noga Erez:
Nur zwei Songs kommen ganz ohne musikalischen Gast aus. Den Songs verleiht das noch mehr Würze, Charakter und ganz eigene Stimmungen.
Dass Alyona Alyona ein Stück auch alleine stemmen kann, muss sie gar nicht erst beweisen. Ihre kraftvolle Stimme und die pointierten Rap-Parts packen ihre Zuhörer auch ohne jegliche Ukrainisch-Kenntnisse. Die ehemalige Kindergärtnerin aus einem Vorort von Kiew versprüht Lizzo-Vibes, auch wenn nur wenige Songs von Alyona Aylona einen hitverdächtigen Pop-Charakter mitbringen.
Die Message der beiden Künstlerinnen ist aber die gleiche: „Galas“ zelebriert Selbstbewusstsein, Loslösen von standardisierten Schönheitsidealen und Emanzipation. Auch das Albumcover dürfte diese Botschaften unterstreichen. Hier posiert die ausgebildete Erzieherin Alyona in Unterwäsche ohne eine Spur der Sexualisierung des eigenen Körpers.
Eine weitere Besonderheit: Alyona Alyona kommt in ihren Texten fast ohne Kraftausdrücke aus und beweist, dass Rap auch ohne wuchtig und lebendig klingen kann.
In der Ukraine soll sie mit diesen Schema schon zu einer Art Kultfigur für Millenials geworden sein. Auch international hätte sie das Potenzial dazu. Festival-Veranstalter haben das bereits erkannt und Alyona schon EU-weit gebucht. Auf dem Reeperbahn Festival 2019 hat Alyona Alyona den renommierten ANCHOR-Award gewonnen.
Ob „Galas“ auch ohne Konzert-Möglichkeit ukrainischen Rap etablieren kann, wird sich zeigen.