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Da kommen schon mal Zweifel auf – Sophia Kennedy im Interview

Ein Klavier im zähnefletschenden Design, ein Albumtitel der Angst macht und ein Sound, der nicht weiß wo er hin will, aber trotzdem irgendwie immer ankommt: Das langersehnte “Monsters“-Paket von Sophia Kennedy ist ein wahres musikalisches Überraschungsei geworden. Wir trafen uns mit der in Hamburg lebenden Sängerin mit amerikanischen Wurzeln und ihrem Buddy und Klangverbündeten Mense Reents zum Interview und plauderten über zähes Arbeiten, Sound-Wechselbäder und die perfekte “Partnerschaft”.

MusikBlog: Sophia, demnächst erscheint der Nachfolger deines selbstbetitelten Debütalbums. Das erste Album ist ja normalerweise mit keinen großen Erwartungen verknüpft. Bei der zweiten Platte ist man als Künstler dann meist schon wesentlich zielgerichteter unterwegs. Welche Produktion war rückblickend die größere Herausforderung?

Sophia Kennedy: Das ist schwer zu sagen. Mit dem zweiten Album kommt natürlich eine ganz andere Erwartungshaltung mit ins Spiel. Man fragt sich halt: Kann ich das so nochmal machen? Wo gibt es Entwicklungen, die man zwingend berücksichtigen sollte? Zwischen den beiden Alben haben wir ja auch viel live gespielt. Da haben sich dann auch nochmal viele neue Türen geöffnet. Eine Albumproduktion ist für mich immer grundsätzlich eine große Herausforderung. Da steckt immer unheimlich viel Arbeit drin, für die ich mir dann auch entsprechend viel Zeit nehmen muss. Das ist kein einfacher Prozess.

MusikBlog: Stand das große Ganze schon mal so richtig auf der Kippe?

Sophia Kennedy: Oh, schon mehrmals. Wenn man sich zwei Jahre lang an drei Songs aufhält, dann kommen da schon Zweifel auf, ob man wirklich den richtigen Berufsweg eingeschlagen hat. Irgendwann dann ab dem fünften Song kriegt man dann die Kurve und dann tankt man das nötige Selbstbewusstsein für den Rest. Aber die Zeit davor, da steh ich ganz oft auf ziemlich dünnem Eis.

MusikBlog: Gut, dass du durchgehalten hast. Ich finde das neue Album nämlich ziemlich klasse. Was war dir denn in punkto Sounds diesmal besonders wichtig?

Mense Reents: Sophia hat schon immer so einen Drang zur Deepness. Das hat sich auf dem neuen Album auch nochmal intensiviert, finde ich.

Sophia Kennedy: Ja, wobei ich auch sagen muss, dass ich auch Dur-Phasen durchaus zu schätzen weiß. Meine Gefühlswelt ist halt eine sehr komplexe. Und diese Komplexität fließt natürlich auch in die Sounds mit ein. Tiefgang ist mir schon wichtig. Aber ich kann auch nachhaltige Gefühle in Dur transportieren. Nimm beispielsweise den Song “Cat On My Tongue”. Der ist ja ziemlich poppig, melodiös und mit alten Hip-Hop-Elementen bestückt. Dann ist die Bridge aber wieder ziemlich düster. Und dann gibt’s noch Einschübe, die eher verzerrt klingen. Mir ist auch dieser Wechsel zwischen hell und dunkel immer sehr wichtig.

Mense Reents: Es ist halt Musik, die sich irgendwo auch gut anfühlen muss, wenn man sie performt.

MusikBlog: Apropos performen: Viele Songs auf dem Album wechseln oftmals die Richtung. Da ist nur sehr wenig vorhersehbar. Machst du dir während der Produktion eigentlich auch Gedanken darüber, wie du die Songs live präsentieren wollt?

Sophia Kennedy: Nein, überhaupt nicht. Wir sind da während des Schreibens und des Produzierens nur in einer Welt zugegen. Das stellt uns danach natürlich wieder vor große Herausforderungen. Wenn man sich den letzten Song “Dragged Myself Into The Sun” anhört, dann ist das schon ein ziemliches Sound-Wechselbad. Wie wir das Ganze dann später auf die Bühne bringen werden, müssen wir dann mal schauen. Aber einfach wird’s bestimmt nicht. (lacht)

MusikBlog: Welchen Stellenwert hat der Prozess des Kreierens für dich?

Sophia Kennedy: Die einzelnen Passagen während des ganzen Prozesses sind ja total verschieden. Ich spiele gerne live. Ich gebe auch gerne Interviews. Was ich aber wirklich am meisten liebe, und auch allem anderen unterordne, ist die Zeit, wenn ich mich in meinen Keller zurückziehe und an neuen Songideen bastle. Das bin ich. Da geh ich als Künstlerin total auf.

MusikBlog: Im vergangenen Jahr mussten sich viele Künstler zwangsweise ziemlich lange in ihre Keller zurückziehen. Corona hat nichts anderes erlaubt. Wie hast du die letzten 12 Monate erlebt?

Sophia Kennedy: Da geht’s mir, glaube ich, wie vielen anderen Kollegen. Die Zeit des ersten Lockdowns war für mich als Künstlerin irgendwie auch inspirierend. Plötzlich stand alles still und man hatte eine ganz andere Sicht auf viele Dinge. Irgendwann weicht dieses Gefühl natürlich der Ohnmacht und einem zermürbenden Grundgefühl, weil man nicht weiß, wann das Ganze ein Ende hat.

Mense Reents: Es gibt mittlerweile auch nichts Erfrischendes mehr. Es dauert einfach schon sehr lange, und die Sorgen werden nicht kleiner. Hier auf St. Pauli sieht man das gerade total krass. Da machen viele kleine Läden zu. Das ist schon ziemlich heftig.

MusikBlog: Zusammenhalt wird in dieser Phase besonders großgeschrieben. Ihr beide kennt euch schon eine halbe Ewigkeit. Was macht denn den jeweils anderen zu einer ganz besonderen Person?

Mense Reents: Sophia ist eine unheimlich spannende Person, mit der es einfach Spaß macht zu arbeiten. Ich komme ja eher aus dem Club-Bereich. Mein Fundament ist die elektronische Musik. Da dann irgendwann zu merken, wie man mit einer besonderen Stimme in ganz unbekannte Bereiche eindringen kann, ist schon bemerkenswert.

Sophia Kennedy: Mense hat mich vom ersten Moment an, nicht nur als Künstlerin, sondern auch als Person, richtig ernst genommen. Ich habe bei ihm immer das Gefühl, dass ich ganz offen reden kann. Als wir uns damals kennengelernt haben, war das wie so ein Gamechanger für mich, auf allen Ebenen. Mit ihm kann ich mich nächtelang über Musik unterhalten. Er weiß einfach unheimlich viel über Musik an sich, und die ganze Technik, die dahintersteckt. Das ist schon faszinierend. Da ist ganz viel Leidenschaft vorhanden.

MusikBlog: Vielen Dank für das Interview.

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