Politische Musik sollte kein Selbstzweck sein. Findet zumindest Maeckes von den Orsons. Da dürften Oehl anderer Meinung sein. Denn die neue EP „100% Hoffnung“ des isländisch-österreichischen Duos ist ein lupenreines Konzeptalbum, dessen luftigen Beats die Kapitalismuskritik nicht weniger holzhammermäßig erscheinen lassen.
Während das Cover noch ein wenig Raum für Spekulation lässt, machen die Songtitel relativ schnell klar, worum es auf dieser EP geht: „Arbeit“ oder „Amazon“ schreien den Zuhörern die Thematik, mit der sich Ariel Oehl und Hjörtür Hjörleifsson auf ihrem aktuellen Werk auseinandersetzen, geradezu ins Gesicht.
Generell geht es auf „100% Hoffnung“ ungewohnt unverblümt zur Sache. Oehl, die in der Vergangenheit eine besondere Freude daran empfanden, Dinge möglichst kompliziert auszudrücken und sich nicht zuletzt aus diesem Grund gerne Zeilen von großen Dichtern wie Rainer Maria Rilke ausborgten, lassen alle Schnörkel fallen.
Statt poetischer Distanz, gibt es auf dem Minialbum nüchterne Knappheit. „Es ist nur die Arbeit / Sie wächst über Köpfe“ heißt es beispielsweise im Opener „Arbeit“, bei der Hjörleifsson mit gewohnter Leichtigkeit am Bass überzeugt und fast über die inhaltliche Schwere hinwegtäuschen könnte. Das klingt so gar nicht nach dem besungenen Schloss aus Granit ohne Türen und Fenster.
Musikalisch sieht das auch bei den restlichen Songs nicht anders aus. Oehl bedienen sich nach wie vor an ihrem Erfolgsrezept: Ariel Oehl trägt seine Geschichten mit sonorer Stimme vor, während sich gemütliche Synths mit butterweichen Snare-Drums paaren.
Komplett aus dem Rahmen fällt der letzte Song von „100% Hoffnung“. Ob man dieses Experiment überhaupt noch Song nennen kann? Über 20 Minuten untermalen Oehl Audiofiles von Fans mit Klangmalerei und simplen Beats.
Dabei gibt es allerlei Stellungnahmen zum Thema Klimawandel, Selbstverwirklichung, Kapitalismus und der Frage, was schwerer wiegt: Persönlicher Gewinn oder Ethik und Moral?
„B-Seite“ klingt wie ein langer Tagebucheintrag einer Quarter-Life-Crisis. Ein interessanter Einblick ist das, zweimal dürften sich das aber die wenigsten anhören wollen.
Man kann nicht genau festnageln, woran es liegt. Aber so hundertprozentig will der Funke auf „100% Hoffnung“ nicht überspringen. Natürlich sind Alben, die die Themen unserer Zeit kritisch beleuchten und unbequeme Fragen stellen, immens wichtig.
Aber Maeckes hat eben auch Recht: Politische Musik zum Selbstzweck ist schwierig.