Wenn es doch so einfach wäre, wie KUMMER in „Aber Nein“ behauptet: „Ich hab‘ das schon verstanden, du bist deiner Zeit voraus / Aber dann bring deine Alben bitte einfach in der Zukunft raus“.

Beverly Glenn-Copeland hätte da sicher ein Wörtchen zu zu sagen. Denn nach der Entstehung von „Keyboard Fantasies“ 1986 dauerte es knappe 30 Jahre, bis dem Album endlich der Ruhm zukam, den es verdient.

Beverly Glenn-Copeland hatte es nicht unbedingt leicht im Leben. Nicht nur war er einer der ersten People of Color an der McGill University in Montreal, wo er Operngesang studierte, sondern sah sich aufgrund seiner damaligen, homosexuellen Orientierung schließlich sogar dazu gezwungen, die Universität zu verlassen. Seit 2002 identifiziert sich Glenn-Copeland öffentlich als Trans Mann.

Bei dieser Lebensgeschichte wundert es einen wenig, dass Glenn-Copelands Musik zu seiner Zeit wenig Beachtung geschenkt wurde. Denn auch musikalisch bewegte er sich fernab des Mainstreams und tauchte schon damals tief in die Sphären der Elektronik ein.

Nach ganzen Dekaden ohne Veröffentlichungen oder Konzerte stolperte 2015 ein japanischer Plattensammler über „Keyboard Fantasies“ und bescherte Beverly Glenn-Copeland eine künstlerische Renaissance.

Auf „Keyboard Fantasies Reimagined“ huldigen nun die großen Indie-Künstler der Stunde dem Singer/Songwriter, indem sie ausgewählte Stücke neu interpretieren. Bei dem ersten Blick auf die Tracklist macht sich Verwunderung breit, denn „Ever New“ ist gleich dreimal vertreten:

Mit ihren unterschiedlichen Versionen liefern die Künstler den Beweis für das Potenzial, das bei Glenn-Copeland in nur einem einzigen Song steckt. Bon Iver und Flock Of Dimes machen sich „Ever New“ mit Bon Ivers ikonisch-zerstreuten Elektro-Klängen gepaart mit hintergründigem Blech und Einwürfen seiner Kopfstimme zu eigen.

In der Version von Kelsey Lu hingegen entfaltet sich der Song zu einem zehnminütigen Opus, der durch gezupfte Streicher, eine mysteriöse Violine und Copelands komplett verfremdete Stimme verzaubert, während sich bei der Interpretation von Joseph Shabason und Thom Gill auf einem weichen Synthie-Teppich Vogelgezwitscher, Bläser und eine Gitarre im Dialog zu befinden scheinen.

Schade, dass Glenn-Copelands Musik so lange Zeit ein Nischen-Dasein fristete. Aber umso schöner, dass ihm mit mittlerweile Mitte Siebzig endlich die Beachtung zukommt, die seine visionäre Musik verdient.

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