Ein Doppelalbum ist nicht nur deutlich länger als ein Standard-Album. Durch diese Format-Verlängerung erfolgt auch eine Multiplikation der Möglichkeiten und Risiken. Das Potential, noch viel größere Welten zu ergründen und noch beeindruckendere Geschichten zu erzählen, steht der Gefahr gegenüber, im riesigen Tumult den roten Faden völlig zu verlieren.

Wenn nun jemand diesem Konzept gerecht werden kann, dann natürlich eine so erfahrene und versierte Band wie Archive. Vorhang auf.

Schon die Zahlen sprechen für sich: „Call To Arms & Angels“ ist das 11. (!) Album der Band. Dabei zählt ihre Besetzung aktuell zehn (!) feste Bandmitglieder inklusive drei Sänger*innen. Und dann verfügt die Platte auch noch über 17 Songs.

Schon auf dem Papier klingt dieses Album überwältigend. Wie der Opener „Surrounded By Ghosts“ verdeutlicht – musikalisch wird hier jedes Versprechen eingelöst.

Epische Weiten aus Streichern und Klavier tun sich auf, die Lyrics „There’s A War“ schneiden direkt unter die Haut. In wunderschönster Melancholie schwelen die Soundkomplexe um die sanfte Stimme zu fein orchestrierten Gletschern heran. Ein elegischer Einstieg in ein Album, das auch ganz andere Töne einstimmen kann.

„Mr. Daisy“ etwa erinnert gleichermaßen an Electric Light Orchestra wie auch an Steven Wilson, in „Numbers“ scheint hingegen der Trip-Hop der Archive-Anfangstage durch.

Im 14:35 Minuten langen „Daytime Coma“ zeigt die Platte dann seine ganze Imposanz, wählt hier im Kontrast zu den anderen Songs der ersten Hälfte jedoch einen sanfteren, sorgfältig drapierten Grundton.

Überhaupt stehen einige Songs ganz im Zeichen der gefühlvollen Instrospektive, die in „Enemy“ mit Kopfstimme und unheilvollem Rumoren direkt in die Gänsehaut-Skala spaziert.

Wie eine Band diese behutsamen elektrischen Sphären aufbauen kann und auf demselben Album mit Sparks-Kreativität auf den Beats herumtollt wie in „Freedom“, ist einfach wahnsinnig beeindruckend.

Am Ende schafft es „Call To Arms & Angels“, die Ansprüche an ein Doppelalbum mit Bravour zu meistern. Aus eingängigen Hits und überlebensgroßen Dramen weben Archive ein so vielfältiges wie mitreißendes Epos, das man trotz langer Spieldauer immer wieder erleben möchte.

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