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Sharon Van Etten – We’ve Been Going About This All Wrong

Wer sich angesichts der steten Eskalation an globalen Konflikten bodenlos und überfordert fühlt, bekommt nun eine Hand entgegen gestreckt. Diese gehört zu Sharon Van Etten, der Singer/Songwriterin, die seit ihrem zweiten Album “Epic” zu den Größten ihrer Riege zählt.

“We’ve Been Going About This All Wrong” kreist dabei um die Frage, wie man im Moment des scheinbaren Zerfalls der Welt, wie wir sie kennen, noch fühlen, trauern und leben kann. Die Antwort ist so vielschichtig wie uneindeutig.

In zehn Etappen nähert sich Van Etten dem Themenkomplex an, klingt mal sehr hoffnungsvoll, mal vollkommen orientierungslos. Dass einfache Lösungen für eine derart überfordernde Zeit ohnehin vollkommen unpassend scheinen, unterstreicht die passende Ausrichtung dieser diffusen Stücke.

Die Platte soll dabei mehr als noch die Vorgänger als Gesamtkunstwerk betrachtet werden, die Stücke umgarnt dabei stets eine leicht düstere Unternote. In “Home To Me” bekommt diese Finsternis durch bedrückende Gesangsharmonien und eine gezielte Klavier-Untermalung einen großen Auftritt.

Ähnlich beklemmend wie in diesem Stück gehen auch viele andere Episoden des Albums vor, lassen die Leerstellen schwer im Magen wiegen. “Come Back” zeigt sich insbesondere anfangs als emotionaler Americana-Ausflug, das intime Akustik-Gewand streift sich auch “Anything” über.

Allerdings ist die sechste Platte der US-Amerikanerin insgesamt kein rein intimes Werk für das ängstliche Grübeln im eigenen Bett. Dafür bauen sich immer wieder Schichten über Schichten, Chöre über Chöre. Die Bridges sind hier alle mit dem Wort Klimax verwandt.

In “Born” schwingt sich Van Etten dafür noch mit Kopfstimme als funkelnde Sirene über die überwältigenden Instrumentalwände, “Headspace” wummert hingegen mit kühlen Drum-Computern und Vocodern in futuristische Finsternis.

Am Poppigsten wird es derweil in den pechschwarzen Synth-Teppichen von “I’ll Try” und dem offensichtlichen Hit der Platte, “Mistakes”. Doch auch in diesen Momenten des Antriebs ist die Platte ein Werk der Introspektive, eine der Selbstzweifel, eine, die selbst Halt sucht und gleichzeitig versucht, Halt zu sein.

Dass solche inneren Kämpfe aber nicht immer nur im schlichten Akustik-Gewand daherkommen müssen, beweist Sharon Van Etten eindrucksvoll. Und darf mit dieser Platte wiedermal die Medaille als große Songwriterin polieren.

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