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Alice Merton – S.I.D.E.S.

Schon 2019 gelang es Alice Merton, mit “MINT” ein abwechslungsreiches Potpourri an Pop-Tracks zu bündeln, die sich allesamt auch für größere Hallen eigneten. Mit der Attitüde einer Pop-Rock-Band und der Anpassungsfähigkeit einer Singer/Songwriterin gelang es Merton, die vielleicht größte Hürde zu bewältigen, mit der sich radiotaugliche Pop-Acts bei der Veröffentlichung eines Albums konfrontiert sehen:

Entweder überstrahlt der eine Hit den Rest der Platte und lässt die gesamte Songsammlung schnell in Vergessenheit geraten, oder das Album fühlt sich an wie eine Ansammlung zusammengezwängter Singles, die viel lieber einzeln veröffentlicht worden wären. Beides war bei “MINT” nicht der Fall. Aber wie sieht es bei “S.I.D.E.S”, dem aktuellen Nachfolger, aus?

Zuallererst – auch “S.I.D.E.S.” kommt als Hybrid zwischen Glossy-Pop, Indie-Rock und DIY-Bedroom-Produktion daher. Trotzdem klingt “S.I.D.E.S” nicht wie der nachgeschobene zweite Teil von “MINT”, sondern wie ein eigenes Projekt mit neuen Einflüssen.

“Loveback” spielt mit der hymnischen Imposanz der Killers und vermengt sie mit High-School-Pop-Rock, “Blurry” streicht kurzerhand im ersten Drittel die Gitarren und lässt Merton über ein minimalistisches Beat- und Synthkonstrukt singen, während “Vertigo” mit seinen sprunghaften Drums am ehesten an die Single erinnert, die Alice Merton zu internationalem Erfolg verhalf – “No Roots”.

“S.I.D.E.S.” erinnert damit an zahlreiche Pop-Acts wie Taylor Swift, Haim und Olivia Rodrigo, ohne an irgendeinem Punkt Zweifel daran bestehen zu lassen, dass hier alles auch aus der Feder Mertons stammt.

Der Sound hat sich verändert, etwas an Einheitlichkeit eingebüßt, dafür aber einiges an Komplexität gewonnen. So sind es insbesondere Songs wie “Blurry” und “Breathe In, Breathe Out”, die sich über knapp drei Minuten durch unterschiedliche Stimmungen arbeiten, anstatt auf einer Pose zu verharren.

“Letting You Know” markiert zudem ein Beispiel dafür, warum “S.I.D.E.S” – im Gegensatz zum leichtfüßigen “MINT” – auch eine reduzierte Soundkulisse selbstbewusst als Stilmittel verwendet, um emotionale Tracks nicht inszeniert wirken zu lassen.

Vielleicht gibt es auf “S.I.D.E.S” weniger Ohrwürmer als auf “MINT”, weniger unbändige Energie und weniger Hitpotenzial. Dafür ist der Drang, das Album nach dem ersten Durchlauf gleich noch einmal anzuschmeißen, bedeutend höher.

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