Das Maifeld Derby malt mit musikalischen Überzeugungstätern ein traumhaftes Wochenende auf den Sand des Mannheimer Reitstadions. Strahlend blauer Himmel, Sonnencreme und Sexy Tacos. (Einer der Essensstände heißt wirklich so und ja, er hat seinen Namen verdient). Zwischen dem perfekten Rahmen liegt ein verdichtetes Programm, verteilt auf vier Bühnen, das zu Priorisierungen zwingt und auf den Beinen hält.
Es gilt, von den spontan für die verhinderten Spelling eingesprungenen Sigfried & Joy, die auf der Parcours D’Amour Bühne im wahrsten Sinne des Wortes verzaubern, hurtig zur Open-Air-Bühne zu kommen, um noch was von DIIV zu sehen. Oder auch von Odd Couple im Hüttenzelt zu Sampa The Great auf der großen Palastzeltbühne.
Die Überschneidungen sind bei diesem fein kuratierten Line-Up unausweichlich, erst recht, da das Festival wieder voll auslasten kann, nach dem die zehnjährige Ausgabe im vergangenen Jahr noch coronabedingt auf zwei Bühnen eingedampft werden musste.
Ein Glück also für Kings Of Convenience, die als Schlussakt des Festivals konkurrenzlos bleiben und allen, die auch nach drei Tagen bester Stimmung noch standhaft sind, eines von zwei herausragenden Konzerthighlights bescheren:
Eirik Glambek Bøe und Erlend Øye harmonieren mindestens so gut wie Simon & Garfunkel, sei es mit ihrer beider Stimmen oder den Gitarren. Die leichte Note einer Südsee-Insel, die die beiden Norweger in ihre Songs verweben, sie avanciert zum idealen Festivalabschluss – zu einem, den das Maifeld Derby ganz nebenbei exklusiv hat. Denn so selten Kings of Convenience in den letzten Jahren in Deutschland zu Gast waren, auf Festivals sind sie noch seltener. Selten auch, dass sich nach getaner Arbeit einer wie Eirik Glambek Bøe unters Volk mischt und gerne für ein Pläuschen stehen bleibt.
Die zweite strahlende Siegerin des Festivals ist Arlo Parks, die bereits am Freitag eine gesanglich wie rhythmisch phänomenale Show auf der Open-Air-Bühne zeigt, auf die sich alle einigen können – auch die, die primär wegen des elektronischen Esprits des Tages rund um Weval, Caribou und Bonobo gekommen sind. Die gesamte, generell äußerst entspannte Festivalatmosphäre kumuliert in ihrem Auftritt.
Amyl And The Sniffers bürsten mit Dosenbier-Punk und ihrem Energiebündel von Sängerin die Entspannung dann genüsslich gegen den Strich, genauso wie das Noise-Rock-Duo Dÿse, das mit Witz und Charme zum Krawall trommelt. Sie eröffnen stellvertretend für die handverlesenen deutschen Acts, die noch kommen. Etwa Tristan Brusch, der im Sitzen gallige Texte singt und trotzdem phasenweise wie Reinhard Mey klingen kann.
Oder aber die Stuttgarter Post-Punks Die Nerven, die jüngst mit „Europa“ einen der besten Songs des Jahres veröffentlichten und völlig zurecht das Hüttenzelt voll machen. Für einen nahtlosen Übergang politischer Messages sorgen im direkten Anschluss Kettcar mit „Sommer ‚89“ und dem von Marcus Wiebusch geschriebenen Stück „Der Tag Wird Kommen“.
Die Hamburger freuen sich sichtlich über ihren ersten Auftritt beim Maifeld Derby und stehen sowohl zuvor als auch danach als Zuschauer im Publikum, um unter anderem die Kings Of Convenience zu bestaunen und sich für ihren eigenen Auftritt auf die Schultern klopfen zu lassen.
Nirgendwo sonst reisen Bands und Publikum so gerne die vierte Wand ein, wie auf dem Maifeld. Und das mag auch daran liegen, dass hier stets das Gefühl in der Luft liegt, in einer Alternative-Nation unter Gleichgesinnten zu sein.