MusikBlog - Entdecke neue Musik

Panic! At The Disco – Viva Las Vengeance

Der Werdegang von Panic! At The Disco ist ein gleichermaßen sonderbarer wie faszinierender: Den Anfang macht die damals vierköpfige Band 2005 mit dem Überhit “I Write Sins Not Tragedies”, der auch heute noch MTV-Emo-Herzen höher schlagen lässt.

2009 steigen die Gründungsmitglieder Ryan Ross und Jon Walker wegen kreativer Differenzen aus: Die beiden wollten den glattpolierten Pop-Sound nicht mehr mittragen, den Bandleader Brandon Urie leidenschaftlich verfolgt.

Nach dem Ausstieg von Schlagzeuger Spencer Smith 2015 nimmt Urie sein Schicksal selbst in die Hand und macht aus der Band kurzerhand ein Soloprojekt.

Nach unvorstellbar großen Erfolgen – die Single “High Hopes” von 2018 wurde mit 1,2 Millarden Streams doppelt so oft geklickt wie der eigentliche Hit “I Write Sins Not Tragedies” – wartet “Viva Las Vengeance” nun allerdings mit einer abrupten Kehrtwende auf.

Das Album empfängt seine Besucher*innen im Titeltrack mit einem fröhlich schrammelnden Gitarren-Intro, das mit Background-Sänger*innen und wild Purzelbäume schlagenden Gesangsmelodien immer verrückter und enthusiastischer wird.

Hat hier die Indiefizierung, die schon Paramore 2017 auf “After Laughter” ereilte, ein neues Opfer gefunden? Teilweise. Denn einerseits hat sich Urie nach langer Zeit wieder eindeutig dem Rock verschrieben, andererseits ist es statt Emo oder Alternative speziell der Classic Rock, den er vollumfänglich bedient.

Im Detail bedeutet das, dass die Songs nicht einfach vage Inspiration in älteren Songs finden, sondern dass der Multiinstrumentalist sich großzügig bei Rock-Ikonen bedient – teilweise so offensichtlich, dass man ihm für seine Dreistigkeit gratulieren möchte.

“Star Spangled Banger” ist in den Strophen eindeutig Thin Lizzy. “God Killed Rock And Roll” ist eindeutig Queen. “Say It Louder” ist eindeutig The Police. Wo keine Band passen will, ist ziemlich sicher, dass der Song sich einfach mit Abba-Anleihen oder noch mehr Queen aushilft.

Was auf den ersten Blick wie dreistes Zusammenklauben von Ideen und unverändertes Reproduzieren wirkt, sieht auch beim zweiten Blick noch so aus. Wenn man sich allerdings lange genug berieseln lässt, schafft es “Viva Las Vengeance” mit schierer Melodiekraft und dem unfassbaren Gesangstalent von Urie, das Ruder entscheidend herumzureißen.

So wirkt das Album am Ende eher wie eine Jukebox voller Klassiker, die mit einigen Schichten Pop-Pomp und Unvorhersehbarkeit bestückt wurden, so dass man sich fühlt wie im verrücktesten Classic-Rock-Musical am Broadway.

Unklar ist, ob Urie sich auf “Viva Las Vengeance” nach getaner Pop-Arbeit nur mit einem Spaß-Album zwischendurch belohnen möchte oder mit der Rock-Rückkehr ein neues Zeitalter von Panic! At The Disco einläutet.

Das siebte Album des Projekts überrascht jedenfalls und ist als Popcorn-Kino unter den Musikalben ein kurzfristiger Spaß mit altbekannten Mitteln und zusätzlichem Extra-Pepp, den nur ein Brandon Urie hervorzaubern kann.

Facebook
Twitter

Schreibe einen Kommentar

Das könnte dir auch gefallen

Login

Erlaube Benachrichtigungen OK Nein, danke