Was an Szenen aus frühen Kindheitstagen erinnert, wenn die Mutter völlig entnervt zum (laut ihrer Aussage) hundertsten Mal zur Tür reinstürmt, befasst sich im Falle von Max Prosa als Titeltrack und Albumtitel mit der schlichten und doch komplexen Frage: „Hier steht ein Mensch, dort steht ein Mensch, wann könnt ihr endlich friedlich sein?“
Es bedarf somit nicht immer überschwänglicher, eloquenter Wortgirlanden, um der Tiefe seiner Worte Ausdruck zu verleihen. Manchmal liegt die Wirkung in ihrer Einfachheit und Direktheit.
Musikalisch bewegt sich Max Prosa dabei in mittlerweile gewohnt poppigen Gefilden, lässt den altbewährten Folk-Rock aber nicht zur Gänze außen vor – ab und an verfeinert um ein bisschen Chanson und ein klein wenig Country. Heiterkeit und Melancholie in Worten wie in Klängen liegen dabei stets nah beieinander.
„Wann könnt ihr endlich friedlich sein?“ beginnt mit leichtfüßigen Indie-Gitarren und gleichermaßen lebensbejahenden wie auch todesmutigen Zeilen wie „Lass uns tanzen in der Asche, aus der wir kommen, zu der wir werden“. Damit gibt „Aschetanz“ den augenzwinkernden Zynismus vor, der Prosas poetischen und metaphorischen Texte auszeichnet und ihn auch durch sein siebentes, als Friedenswerk konzipiertes Album begleitet.
Wohingegen üblicherweise seine eindringliche Stimme im Vordergrund steht, schafft Max Prosa in „Blauer Traum“ Raum für leicht schwimmende Gitarrenklänge und Backgroundsängerinnen, die vor dem geistigen Auge kokett im Rhythmus ihre Fransenblusen tänzeln lassen und treuherzig ins Mikro säuseln.
Unter quietschenden Hooklines und Melodien, mit denen man auch Stechmücken in Zeichentrickfilmen synchronisieren könnte, verstecken sich im Refrain von „Meisterstück“ mit Hall beladene, sehnsüchtige Gitarren, die entfernt an Sam Fender erinnern. Dabei konfrontiert er uns mit der Frage nach der „Rolle auf der Suche nach dem Glück“ und was wir hier eigentlich sollen.
Auch ohne zu wissen, dass „Mein Bruder“ von Bildern aus Moria inspiriert wurde, hört und fühlt man unmittelbar, dass uns eigentlich mehr verbinden als trennen sollte. Unter dem musikalischen Deckmantel von Mitklatschen und Schunkeln am Wirtshaustisch schmerzt es sehr, wie aktuell Texte wie diese sind.
Der Titel des Schlusstracks „Leere“ könnte damit falscher nicht sein, denn „Wann könnt ihr endlich friedlich sein?“ ist vollgepackt mit Fragen, Authentizität und Emotionen, dabei aber niemals belehrend oder altklug.
Die letzten, von Kindern gesungenen, Worte „Keiner weiß, ob es heilt“ sind mitunter einer der ehrlichsten Momente und eine versöhnliche Geste gegenüber all den plump gereimten Kalendersprüchen, die zu oft die deutschsprachige Popmusik dominieren.
Das ganze Album hinweg setzt Max seine (p)rosarote Brille nie ab, schielt aber doch immer wieder über den Brillenrand, um sein Publikum nicht in dramatischen Inszenierungen oder Tiefgründigkeiten zu ertränken.