Provinz wissen genau, was funktioniert. Mit diesem wertvollen Wissen kann man es unfassbar weit bringen – “Zorn und Liebe” ist ihr Versuch, nach den Sternen zu greifen.

Die Band, bestehend aus drei Cousins und einem Kumpel, die aus der namensgebenden Provinz im oberen Schwabenland kommt, findet früh ihren Groove, der Rest ist quasi ein Selbstläufer. Schmachtender Pop mit einem Hauch von Indie und einer Menge jugendlichem Pathos hievt sie auf immer größer werdende Bühnen. Äußerst gefühlvoll, provokant kitschig und ein bisschen nostalgisch – die Mixtur ist so simpel wie effektiv.

Der Höhepunkt der Reise bisher war das Debütalbum “Wir bauten uns Amerika” von 2020, mit dem das Quartett auf dieselben Ebenen zielt, auf denen Wohlfühl-Acts wie AnnenMayKantereit und – bis zu seinem öffentlichen Meltdown – Fynn Kliemann thronten.

Wie soll man das noch steigern? Die Devise für Provinz: Viel hilft viel. Die Band macht einfach weiter wie gehabt und gibt an jeder Ecke eben noch ein bisschen mehr als vorher. Darunter fällt etwa die Tatsache, dass der Sound noch ein Stück poppiger und stadion-gerechter wurde. Noch zugänglicher wollen die Songs sein, die Hooks sind widerwärtig eingängig und möchten bitte mit voller Inbrunst bei Konzerten mitgeschrien werden.

Kredibilität erhält das Album durch die Features: In “Betäub mich” revanchiert sich die Band bei Casper für ihren Gastauftritt auf seinem aktuellen Album “Alles war schön und nichts tat weh“, in der Single “Zorn und Liebe” ist Sängerin Nina Chuba zu hören, Danger Dan von der Antilopen Gang singt eine Strophe in der Über-Ballade “Unsere Bank”.

Wem es vorher nicht klar war, der merkt auf “Zorn und Liebe” schnell, für wen Provinz Musik machen: Ist man Anfang bis Mitte 20, lebt in einer Großstadt und hat durchgehend sowohl Fernweh, als auch Sehnsucht nach plakativen Gefühlsausdrücken, ist man mit großer Wahrscheinlichkeit Teil der Zielgruppe und möchte sich eventuell bald auch eine Textzeile tätowieren.

Es geht um Zweisamkeit, um gemeinsame Nächte, gemeinsames Rauchen, Knutschen, gemeinsames Erinnern. Provinz wollen jung und wild sein oder sich eben in diese jungen und wilden Zeiten zurückversetzen. Egal, ob es “Sara” oder “Aylin” ist – Hauptsache es geht um “Zwei Menschen”, die “17 für immer” oder “Weit weg” sein wollen. Das Phrasenschwein steht kurz vor der Überfüllung.

Provinz aktivieren große, einfache Emotionen mit großer, einfacher Musik. Es ist offensichtlich, dass die Band genau weiß, was sie sagen und wen sie damit ansprechen möchte – das funktioniert und erhebt die Schwaben zu einem noch heller leuchtenden Stern am deutschsprachigen Pop-Himmel.

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