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Arny Margret – They Only Talk About The Weather

Was macht man in einer dünn besiedelten Region wie die Vestfirðir (auf Deutsch “Westfjorde”) im Nordwesten Islands mit gerade mal knapp 7.400 Einwohnern? Eine Möglichkeit wäre es, völlig zu vereinsamen und sich inmitten dieser Isolation der Musik zu widmen. Arny Margret hat das glücklicherweise genau so gemacht hat und veröffentlicht nun acht Monate nach ihrer EP “Intertwined” ihr Debütalbum “They Only Talk About The Weather”.

Mit sechs Jahren begann sie Klavier zu spielen, mit 14 Jahren griff sie zur Gitarre. Vor allem die Musik des in Südafrika geborenen und momentan in Colorado lebenden Gregory Alan Isakov hat sie maßgeblich beeinflusst. Im Stillen und Verborgenen übte Arny Margret zuerst drei Jahre lang, bevor sie sich überwinden konnte, auf der Bühne vor und für andere zu singen.

Nach ihrem Schulabschluss führte sie ihre musikalische Weiterbildung 2020 nach Dänemark. Die Eindrücke und auch die überwältigende Einsamkeit prägen die EP wie auch das nun Album. Und tatsächlich pfeift und wirbelt das Wetter in unterschiedlichsten Facetten durch all ihre Texte auf “They Only Talk About The Weather” und reflektiert wie die Schneeflocken auf dem Cover-Artwork.

Das Wetter begleitet die Protagonistin im gemächlichen “Balcony” mit “I’m where the snow always falls” und es schlägt sich pittoresk nieder in “Sníglar” mit “The rain made a river in the field”.

Besonders theatralisch setzt es die Isländerin im Opener “Whatever It Means” in Szene, wenn sie singt: “But when you live surrounded by trees / the shame and the sun / and the cold winter breeze / with your forgiven self / you’ll know whatever it means”.

Arny Margret vereint dabei stets Alltagsbanalitäten und Allerweltsthemen mit tiefgründig Introspektivem. So weichen dicke Socken und zweilagige Pullover im Refrain von “Cold Aired Breeze” ihrer Angst, sich zu verlieren, wenn sich alles um sie herum verändert.

Die kälteste Jahreszeit manifestiert sich indes als launischer Charakter: “I am blinded by the light of winter but it comes and goes away / I don’t like her very much though, you can’t depend on anything she’ll say”. Die ansonsten reduzierte Instrumentierung auf dem Longplayer fällt hier überraschend und wohlwollend üppig aus.

Zumeist begleitet von Akustikgitarre und sanften Klavierklängen kommt Arny auf “They Only Talk About The Weather” weitgehend ohne markante Hooks aus und gewährt Einblicke in ihre wechselhaften Gefühlswelten, hin- und hergerissen zwischen hagelnden Selbstzweifeln, frostiger Resignation und lautloser Vergebung.

Was bleibt, ist ein starkes Debütalbum voller Zerbrechlichkeit und Intimität – aufgenommen im Studio Hljóðriti, wo auch bereits Platten von Künstler*innen wie Björk, Ásgeir und Ólafur Arnalds produziert wurden.

Wenn also Arny Margret mit ihrer warmen Stimme so bildhaft und verletzlich über das Wetter singt und dabei ihr Innerstes erkundet, ist das alles andere als belangloser Smalltalk.

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