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The Cool Greenhouse – Sod’s Toastie

Plucker Plucker Schrammel Kratz Tröt Piep. Ja, Ich war gestern Abend auf einem Konzert und mein Gehör hat sich inzwischen auch dem Tinnitus ergeben. Die einleitenden Tonbeschreibungen könnten aber auch gut als Zusammenfassung des musikalischen Schaffens von The Cool Greenhouse dienen.

Alte Grottenolme wie Henry Rollins nennen das “Post-Everything-Existential-Musical-Happening”, andere wiederum sagen einfach nur Post-Punk dazu. Für mich ist es eine rhythmische Aneinanderreihung von schrammeligen Gitarren, klopfenden, tackernden und irgendwie auch schrägen Beats, welche sich einmal quer durch musikalische Genres pflügen, um letztendlich doch nur die untergeordnete Rolle zu spielen.

Warum ? Weil Tom Greenhouses beißende Sozialkritik, garniert mit einer Kirsche Zynismus, auf “Sod’s Toastie” den Hauptdarsteller gibt. Das zweite Album der Briten wurde von den Lo-Fi-Schrammelenthusiasten bereits sehnsüchtig erwartet. Tom Greenhouse enttäuscht sie nicht.

So macht er sich auf die Suche nach “Musicians”, begegnet halbtoten, halbtauben Neomarxisten, welche ihm eigentlich nur die Haare schneiden sollten, sowie einem Gabber-Aficionado (Gabber ist eine Variante des Hardcore Techno, d. Red.), der eher dem Wodka als der Musik zugetan ist.

Schnell stellt man sich die Frage, ob Monty Python und die Talking Heads nicht doch gut zusammengepasst hätten. Garniert mit einer in Dauerschleife laufenden Hooks, sporadischen Orgeleien und jazziger Bläsersektion wird schon der Opener zum Blueprint für den Rest des Albums.

“Sod’s Toastie” bringt den Sprechgesang von Tom Greenhouse aufs nächste Level. Auf gitarren-untermaltem Hörbuchniveau berichtet er von Lebenskrisen, zwischen nächtlichen Diskussionen mit Insekten und den Schwierigkeiten beim Kaffeekochen.

Schrammelnd am Gehörgang kratzend, lässt er “The UFO’s” seine Tagträumereien von Origamikursen stören und  bringt packende Hooklines auf “Get Unjaded” zurück.  In Videospielen werden Avatare an Brokkolis verfüttert, der Verwendungszweck von Alufolie bestimmt und an der Zukunft der Medien verzweifelt.

Um das alles auf den Punkt zu bringen, rumpelt “I Lost My Head” schrammelig durch die 60s Beat-Musik. Dass es nicht lustig ist, ohne Kopf in der Gegend rumzulaufen, ist traurig, umso trauriger aber, dass der mantraartige Refrain haltlos durchs Gehör wabert.

Gut, dass der “Hard Rock Potato” mit klampfenden Indie-Rock-Saiten Windows 98 neu installiert, um in der Kryptowelt reich zu werden, E-Mails von nigerianischen Prinzen zu beantworten und mit zwei Hunden glücklich zu werden.

Unsere moderne Welt scheint doch in Ordnung zu sein, auch wenn’s manchmal ein wenig kracht und scheppert, wie es im Outro des Titels der Fall ist. Wir wissen doch alle, dass unsere Freunde insgeheim Perverse sind, zumindest kommt “Get Deluded” zu dieser Annahme. Will ja auch wirklich niemand über seine Masturbationsphantasien reden.

“Y.O.L.H.” kehrt zum Lo-Fi-Sound zurück, lässt den Alltag mit kotzenden Katzen und sinnlosen Gedanken passieren, um “you only live half” zusammenfassend als Gedankenspirale im Raum stehen zu lassen.

Wem jetzt schon genug Fragezeichen im Kopf rumschwirren, der sollte “The Neoprene Ravine” nicht verpassen. Eine alternative Version von The Velvet Underground krampft, klampft und schrammt sich Saiten misshandelnd durch die vielen Ideen. Von Fusion Restaurants in Paris über zenartige Klänge erklärt Tom Greenhouse, warum sie eben nicht radiotauglich klingen.

“Sod’s Toastie” mag zunächst wie ein wulstartiger Sprechgesangsexzess wirken, der sich wurmartig durch den Gehörgang schiebt. The Cool Greenhouse machen dabei irgendwas zwischen Punkgeschrammel und Lo-Fi Minimalismus, der ideale Nährboden für den Geschichten erzählenden Sarkastiker. Dieser trifft den Nerv der Sozialkritik und vermag so, mit jedem Track eine Sinnfrage zu stellen, welche hinterlistig in den Gedanken verweilt.

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