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Weyes Blood – Live in der Kulturkirche, Köln

Es gibt Mitsing-Konzerte. Und es gibt Zuhör-Konzerte. Und obwohl es keine große Überraschung ist, dass Weyes Blood definitiv in die zweite Kategorie fällt (denn wie sollte man bei dieser Wahnsinnsstimme auch nur ansatzweise mithalten können), ist es trotzdem erstaunlich, wie andächtig das Kölner Publikum am gestrigen Freitag lauschte.

Das ist auch schon beim Opener Sam Burton der Fall, der um kurz nach 20:00 Uhr gemeinsam mit seinen beiden Mitmusiker*innen die Bühne betritt und das Publikum anschließend 45 Minuten lang auf einen sanften Ausflug in vergangene Folk-Welten entführt.

Aber vielleicht ist es auch die Location, die bei den Zuschauer*innen besonders viel Ruhe verströmt. Es hätte kein besseres Venue für Weyes Blood geben können als die Kölner Kulturkirche. Einziger Wermutstropfen, dass die Show schon seit Wochen ausverkauft ist und deutlich mehr Menschen in den Genuss dieses magischen Konzerts kommen sollten.

Das ganze Setting gleicht einem Gemälde. Weyes Blood als engelsgleiche Gestalt, wie sie in einem langen, weißen Kleid und einem schlichten, ebenfalls weißen, Gewand unter diesen hohen Decken ihre Musik zur Perfektion auf einer Bühne performt, deren einzige Dekoration ein paar Kerzenstände sind.

Und dann dieser Sound, der unglaublich ausgewogen und kristallin ist und jede Nuance hörbar macht, so dass auch bei empfindlichen Ohren keine Wünsche offen bleiben.

Das Sahnehäubchen zu alldem ist, dass Weyes Blood sich außerdem als absolute Unterhalterin zeigt und mit ihrer humorvollen Art für einige Lacher zwischen den andächtigen Songs sorgt: „Den nächsten Song betiteln wir als sanften Rave. Er ist beinahe upbeat, also fühlt euch frei, jetzt total abzugehen“, kündigt sie „Twin Flame“ an.

Als während des Songs plötzlich ein rotes Herz unter ihrem weißen Kleid aufleuchtet und so das Cover ihres aktuellen Albums „And In The Darkness, Hearts Aglow“ bildliche Wirklichkeit werden lässt, erntet sie damit prompt Publikumsbegeisterung.

Auf „Wir haben noch einen Song für euch“, hingegen folgen ein paar Buh-Rufe, denen Weyes Blood ebenso humorvoll begegnet: „Jaja, noch „einen Song“ (die Anführungszeichen verdeutlicht sie mit ihren Fingern), ihr wisst ja, wie der Hase läuft. Aber wir haben nicht mehr so viel Zeit, weil wir gleich draußen unsere satanistische Sachen auf dem Parkplatz machen und hier in der Kirche außerdem morgen Sonntagsschule ist“.

Anschließend bezaubert bei „Hearts Aglow“ nicht nur das emotionale Gitarrensolo, sondern auch Weyes Bloods kurze Tanzeinlage, bei der sie sogar vom Schlagzeugpodest springt, und trotzdem jeder Ton perfekt sitzt.

Für eine kurze Zugabe ist dann aber doch noch Zeit. Während Weyes Blood sich zu „Everyday“ ans Klavier setzt und die Stimmung nach oben fährt, endet der Abend mit „A Given Thing“ sehr intim und leise.

Und beim letzten „Love Everlasting“, bei dem die Instrumente schon verstummt sind und nur noch ihre Stimme über allem schwebt, trauen sich doch ein paar, wenigstens diese letzten Sekunden leise mitzusummen. Anschließend sieht man der Winterkälte gelassen entgegen, da das Herz nach diesem magischen Abend voller Wärme ist.

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