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WILSN – Those Days Are Over

In Zeiten des gesanglichen Understatements wirken kräftige Timbre umso schneller over the top. Während sich also die Billie Eilishs, Nina Chubas und Lana del Reys der Welt immer mehr in Sanftmut säuseln, tritt WILSN auf ihrem Debütalbum in die Fußstapfen einer älteren Gesangstradition.

Schon mit “If You Wanna Love Me” fällt das Album mit der Tür ins Powerhouse. Von Anbiederung an irgendwelche Trends ist hier keine Spur, lieber serviert die in Melbourne/Naarn lebende Musikerin eine Verbeugung an warme Soul-Klänge aus längst vergangenen Jahrzehnten.

Es braucht keinen Pressetext, um Shannon Buschs (so WILSNs Name im Personalausweis) große Verehrung von Legenden wie Aretha Franklin, Billy Holiday oder Etta James zu erahnen. Das singt die Australierin selbst in unüberhörbarer Lautstärke von Takt 1 bis zum großen Ausklang in “Hurts So Bad” (featuring Josh Teskey).

Diese große Hingabe zu Motown-Sounds, R’n’B-Smoothness und Grandezza war in den frühen 00er-Jahren noch verstärkt im Mainstream zu finden. 2023 ist diese Platte hingegen maximal ungewohnt und gerade deswegen so spannend.

Die Songs gehen immer wieder mit selbstbewussten Schritten in den großen Showdown, suchen die ganz große Bühne und scheuen dabei keine überschwänglichen Gesten.

Das muss man definitiv mögen – häufig schlittert “Those Days Are Over” im Dunstfeld zwischen Kitsch und Imposanz hin und her. Aber lässt man sich einmal darauf ein, können die breiten  Bläser-Arrangements von Songs wie “I Love You So” schon mal zum Ausrufezeichen werden.

Besonders in Erinnerung bleibt WILSN aber vor allem als Schnittpunkt zwischen zwei Zeitaltern. In “Tell Me” können sich beispielsweise Spuren von Franklin, aber eben auch von SZA nachweisen. Und die dramatischen Gesten von “Hurts So Bad” konnte schon Celeste kürzlich zurück auf die Bildfläche bringen.

Mit großer Sicherheit wird dieser imposante Soul-Pop seine Hörerschaft finden, selbst wenn dieses Debüt über große Teile wie aus der Zeit gefallen scheint. Und wenn sich die restliche Welt vor lauter Understatements zu langweilen droht, findet sie in dieser Platte den lange verschollenen Schwung.

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