Musik braucht Zeit und oft auch die richtige Zeit. Der elegische, verträumte Pop von Portland ist so ein Fall. Das neueste Werk „Departures“ findet am Vormittag das meiste Gehör. Erst dann öffnen sich die schwelgerischen Melodien des belgischen Duos als Begleitmusik für den Tag.

Jente Pironet und Sarah Pepels wurden für ihr 2019 erschienenes Album „Your Colours Will Stain“ bereits preisgekrönt. Der Nachfolger wirkt etwas gereifter, tiefer in seinen Harmonien und lebt vor allem vom hellen Gesang der beiden, welcher stets angenehm aus dem Off zu kommen scheint.

Das fließende, auf Saiten getragene „Where Did Everybody Go“ nährt sich an Sarah Pepels Hintergrundeinsatz, währenddessen Jente Pironet bei „Good Girls“ die große Bühne bevorzugt. Der eindeutig rocklastigste Track bietet Indie-Rock-Hymnen und sägend singendes Gitarrenspiel.

Wenig später spielt „Sensational“ zum ersten mal die wahre Stärke von „Departures“ aus. Harmonisch ineinander greifender Duettgesang ergänzt sich mit Klavierspiel zu eingängiger Dream-Pop-Sensation.

Stimmig und so wunderbar leicht verbleiben die Songs im Gehör. Melancholische Geschichten tragen ihr Übriges zur Stimmung bei und reichern das orchestrale, streicherinstrumentierte „Stardust“ mit Emotionen an.

Selten verlieren sich die Belgier etwas in Ihrer Elegie. „Never Leave“ und „Alyson“ sind solche Fälle. Auch wenn zweiterer Track einen gewissen Electronica-Drive in sich trägt. Portland wissen aber immer wieder mit Ihren Singer/Songwriterqualitäten zu überzeugen.

„How It Is“ ergründet seine sehnsüchtigen Tiefen mit Bläsern und einem wundervollen Chorus, bevor „Last Trip“ eben jenen mit sanft wogender Instrumentalisierung beschreitet. Gut gelaunt umspielen sich die beiden Gesangsstimmen im Refrain, welcher sich zu den schönsten auf dem Album zählen darf.

Mit pulsierender Rhythmik und Elektronikeinsatz entschwinden Portland kurzfristig in die wohlig warmen Bettlaken von „Little Bit Closer“. Ein Titel, der spannungsarm am seichten Ufer der Relevanz umherdümpelt.

Ganz anders „Serpentine“. Mit orientalisch anmutenden Klängen und einem wackeren, aber nervösen Beatkonstrukt, das sphärisch in den Gesang übergeht, erzeugt man neue Anziehungskraft. Das in der Mitte des Tracks angesiedelte Gitarrenspiel lässt den Gesang von Jente Pironet beinahe mystisch entrückt wirken.

Leider war es das auch mit der Experimentierfreude. „So Sweet“ und das Dutzend voll machende „No Man´s Land“ vertrauen auf die oft bespielten Harmoniepfade. Ersterer Titel wogt im Duettreigen während letzterer langsam die Saiten anschlägt und sich in der weichen Stimme Pironets wiederfindet. Die Melancholie wirkt auf Sarah Pepels ein und so zaubern Portland noch einen versöhnlichen Ohwurmchorus.

„Departures“ lebt von der harmonischen, stimmungsvollen Entfaltung seiner Songs und vertraut auf die stimmlichen Emotionen. Das wirkt nach, wenn man sich die Zeit nimmt und das Album ruhig und am Stück konsumiert.

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