Die ganze Trostlosigkeit von Berlin kann man wohl Sonntagmorgens vor dem Berghain erleben. Die Hoffnungslosigkeit der Abgewiesenen trifft auf die ausgemergelten Trostlosen, welche das Feiern hinter sich haben. A.S. Fanning scheint – neben seinem Auftritt am Freitag – dort öfter vor Ort zu sein, die Musik des Wahlberliners spiegelt eben jene Hoffnungslosigkeit und Trostlosigkeit wieder. Glücklicherweise hat sich der Ire aber anderen Klängen zugewandt als dem typischen Berghain-Sound.
“Mushroom Cloud” klingt, als wären The National, Leonard Cohen und Nick Cave eine Liaison eingegangen, welche das Ziel hat, ein paar Endzeithymnen der Misanthropie einzuspielen. So geleitet der Opener, orchestriert mit Streichern und wuchtigen Drumschlägen, den Bariton von A.S. Fanning in seine dunkelsten Gedanken.
Die Konzentriertheit auf die Untiefen des eigenen Seelenheils, das Aufarbeiten von Verlusten und das Verlassen der Heimat sind die zentralen Themen, welche A.S. Fanning in Eigentherapie ansteuert.
Dabei wirkt der Titelsong noch relativ gelassen, bevor man mit “Conman” die Ausweglosigkeit des beschrittenen Wegs erkennt. “On the day when the Conman comes, he´ll poison everyone”. Orgelnd, psychedelisch klopfend, mäandert der Song um die predigende Stimme, welche – durch zehrende Soundeffekte verstärkt – auch den letzten Hoffnungsschimmer durch den Äther bläst.
Im “Haunted” House angekommen, das mit New-Wave-Anstrich einen einladenden Charakter hat, führt A.S. Fanning den dunklen Pinselstrich weiter. Von Schlaflosigkeit geplagt, dreht sich das Gedankenkarussel. “When the future is dying, fear is multiplying”.
Kurz blickt er im Chorus mit Hoffnung in eine mögliche bessere Zukunft, was sich aber als Lichtstreif am Horizont erweist. Trocken in der Klaviatur, schwelgend im Countryfolk-Gesäusel findet sich “Sober” in der Ausnüchterung wieder. Ein kurzer Zustand, denn A.S. Fanning zieht es lediglich in Erwägung, dem Alkohol abzuschwören, während er träge die Hoffnung hat, einfach verschwinden zu können.
Anstelle des Nüchternseins, setzt bei “I Feel Bad” die Ernüchterung ein, als wäre die gesamte Menschheit auf den Weg in Dantes Hölle. Die Elektronik des Titels tröpfelt die düsteren Mordphantasien über die Stalaktiten des Eingangs zum Eingang der Hölle – in welcher A.S. Fanning auf seinen “Showdown with the Devil” wartet.
“Colony Collapse” schwelgt melancholisch in der eigenen Schwermut und der verträumt abseitigen Gitarreninstrumentierung, welche im folgenden “Disease” in die sphärischen Klangwelten von The National eintauchen. Fast schon poetisch trägt Fanning seinen emotional verrohten Zustand zur Schau, vermutet selbst, dass etwas verrottet ist, lässt aber auch wenig Eigenmotivation erkennen, dem ganzen wieder Leben einzuhauchen. Die einsetzende Orgel sorgt mit klagendem Wehmut für die Begleitung zum Grabesgang.
Ja, “Mushroom Cloud” hat nicht allzu viel Sonne abbekommen. Auch wenn “Pink Morning Magic Light” augenzwinkernd in eine schönere Welt blickt, die aber ebenso ungewiss ist wie der Einlass im Berghain. Die Streicherinstrumentierung hält die Hoffnung auf Besserung am Leben, auch wenn man A.S. Fanning erstmal eine Großpackung Sertralin reichen möchte.