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Alex Lahey – The Answer Is Always Yes

Indie-Rockerin Alex Lahey sagt zu allem “ja“ in ihrem dritten Studioalbum “The Answer Is Always Yes“ und geht mit einer Schubkarre an Sarkasmus sowie wolkig-warmen Indie-Sound auf Konfrontation: Mit ihren Ex-Partnerinnen, Jeffrey Epstein, ihrem Dealer, homophoben Teenagern und vor allem mit sich selbst.

Auch sechs Jahre nach ihrem Debütalbum “I Love You Like A Brother“ hat sich dieses Talent auf keinen Fall verabschiedet, allenfalls nur noch verdichtet. Ihre Stärke spielt Alex Lahey auf “The Answer Is Always Yes“ eh und je aus, ohne sich in weiterem Ausmaß davon abzuwenden.

Einen großen Sprung, eine Entwicklung – sowohl im Songwriting als auch im Sound – ist nicht erkennbar. Wenn überhaupt, ist die frühere Energie der Songs einer geebneten Gleichgültigkeit gewichen. 

Obwohl die meisten Songs auf Lahey’s dritten Album im selben Themenspektrum wie die Vorgänger-Platten herumschwirrt, hat die Australierin ihren Stücken einen nostalgischen, fast melancholischen Anstrich verpasst.

Ob das Nachtrauern früherer Beziehungen auf “Congratulations“, “You’ll Never Get Your Money Back“ oder “Makes Me Sick“ oder dem ersten Mal High-werden auf “The Sky Is Melting“: Mit 30 jagt Alex Lahey wieder die Gespenster ihrer Jugend. 

Ohne weniger unterhaltend zu sein als mit Anfang 20, plätschern vor allem die Gitarren zwischen Neo-Grunge und klassischem Indie-Rock herum. Dadurch ist das Werk zwar stringent, trotzdem wirkt es ein wenig stil- und ziellos. Doch für den fehlenden roten Faden sorgt einmal das Cover, auf dem Lahey in unnatürlich überbeugter Pose in ekstatischem Lachen verfällt. 

Sie begegnet den unbequemen Situationen im Leben mit Sarkasmus, aber vor allem mit Lachen und positivem Blick in die Zukunft. Dass das nicht immer einfach war, verrät die queere Musikerin am Ende auf dem kratzigen “They Wouldn’t Let Me In“, das tonal komplett aus der Tracklist tanzt.

Hier gräbt Lahey zum ersten Mal in ihrer Karriere so richtig tief: Es sei der direkteste Song, den sie je geschrieben habe. Darin verarbeitet sie ihr Coming-Out als Teenagerin und die darauffolgende Homophobie ihres Umfelds: “I couldn’t get into the bar or the church or the backseat of your mother’s car / The club or the bus or the band where no one plays guitar.“

Ihr wäre nicht mal in “the haunted house down the street that all those people died in“ Eintritt gewährt worden, fasst sie zynisch am Ende der Strophe zusammen. Weiter erzählt sie: “I couldn’t get into the group chat / The swing of things, Burger King, not that I ever wanted that / The sleepover, blood donor, is it ever really over?“

Dieser Track ist ohne Zweifel das absolute Highlight von “The Answer Is Always Yes“ sowie Lahey’s Karriere insgesamt. Nicht nur der Punk-Rock-Einfluss von Billy Normates ist dabei deutlich rauszuhören, sondern auch die scharf schneidenden Gitarren im Refrain stellen ein smartes Pendant zum berühmten Refrain von Gang Of Four’s Klassiker “Damaged Goods“ dar. 

Damit kämen wir auch zum zweiten Merkmal, das das Album konzeptuell zusammenhält: Alex Lahey’s neues Lebenscredo, nach dem sie sowohl die Platte selbst, als auch den letzten Song benannt hat. Ihre Antwort zu all dem Mist, mit dem sie abgeschlossen hat, das sie noch mit sich herum trägt – ist ein simples “Ja“. 

Kein einziger Song endet mit Resignation, eine tiefe Dankbarkeit zieht sich durch jeden der zehn Tracks. Sie berührt die Hörer*innen vielleicht letztendlich mehr als es die hörbaren Lyrics tun und beeindruckt mit der selbstbewusst reflektierten Präsenz, mit der Lahey ihre Vergangenheit vor unseren Ohren Revue passieren lässt.

Alex Lahey sagt “Ja“ in “The Answer Is Always Yes“ und konfrontiert sich mit allem, das sie in den letzten drei Jahrzehnten geprägt hat. Da kann man nur absolut sprachlos zuhören – und sich selbst danach an die Nase packen.

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