Fatoni hat es sich vielleicht selbst ganz anders vorgestellt. So klingt es jedenfalls im Titeltrack seines neuen Albums „Wunderbare Welt“, in der er sein eigenes Dasein als Ü30-Deutschrapper selbstironisch reflektiert und auch sonst viele Fragen nach dem Warum stellt.

In „Wunderbare Welt“ behandelt Fatoni in einem Rundumschlag all die Themen, die die Medienlandschaft und private Auseinandersetzungen dominieren. Er selbst hält sich – was Meinungen angeht – zurück, stellt aber den Sinn des Status Quo in vielen Bereichen in Frage. Soziale Ungerechtigkeit, psychische Erkrankungen und veraltete kapitalistische Strukturen stehen auf dem Zettel des Rappers aus München.

Ein Alfred Jodokus Quack Sample durchbricht in „Fröhlich“ diese ironische Ernsthaftigkeit nur kurz, fühlt sich dann aber doch ähnlich nach postmoderner Gegenwartsbewältigung an wie „Wunderbare Welt“.

Missstände, seien es rassistische Strukturen in deutschen Institutionen oder Diskriminierung von Menschen auf der Flucht, spricht Fatoni überraschend direkt an und weckt mit Hanau und Breitscheidplatz Erinnerungen und Bilder, die in der Aufmerksamkeitsgesellschaft erschreckend schnell untergegangen sind. Aus Quacks kindlichem Fröhlichkeitsbekenntnis wird bei Fatoni dann ein vielschichtiger Verweis darauf, wem die Realität, in der wir leben, keine ungehemmte Euphorie erlaubt.

Mit Deichkind, Danger Dan, Tristan Brusch und vielen weiteren gibt sich auf „Wunderbare Welt“ außerdem eine Riege mehr oder minder bekannter Deutsch-Pop-Acts die Klinke in die Hand, von denen kein einziges Feature enttäuscht.

Brusch liefert den eingängigen Refrain für „Du wartest“ und Danger Dan den spannenden Gegenpart in „Danke dass du mich verlassen hast“, einem Break-Up-Titel, in dem die beiden es sogar schaffen, toxische Männlichkeit in Ehrlichkeit, Verletzlichkeit und Dankbarkeit aufzulösen.

Auch wenn Fatoni im Opener und Titeltrack behauptet, der Zeitgeist und seine Diskurse würde er am liebsten an sich vorbei ziehen lassen, das Album spricht eine andere Sprache. Ob Drogenmissbrauch in „Alle ziehen“ oder die Abhängigkeit vom Dopamin-Push des Smartphones, Fatoni geht alle Themen mit einer selbstironischen Perspektive an.

„Wunderbare Welt“ muss man sicherlich mindestens zweimal hören, um die Nuancen und Gegensätze in seiner Lyrik annähernd zur Gänze zu verstehen – aber das machen wir gern.

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