Kat Frankies neue Single „Joan Didion“ ist erschienen und das Video dazu bereits online. Begleitet wird sie wieder von der A-capella-Gruppe B O D I E S.

Gesang ohne instrumentelle Begleitung ist die Wurzel aller Musik und erreicht unsere Gefühle ungefiltert – die Stimme wird immer menschlicher bleiben als eine Maultrommel, ein Schlagzeug, Autotune oder eine KI.

Und so ist auch „Joan Didion“: Der Titel geht sofort unter die Haut, man kann sich der Musik nicht entziehen, obwohl das erste Hören mehr Fragen aufwirft als Antworten gibt. Die Texte, die wir hören, sind genauso Teil des Kunstwerks wie die komplexen Harmonien.

Kat singt: „Das Wohnzimmer aus lila Samt ist vielleicht ein Heiligtum, vielleicht ein Grab. Hast du dich selber sortiert, wie es sich für eine Figur aus einem Roman von Joan Didion gehört? Denn, wenn du weiter unbeirrt bist, werde ich so tun, als hätte es nicht wehgetan“.

Es drängt sich eine Frage auf: Häh? Wie bitte? Also, noch einmal reinhören. Der Song handelt von Kalifornien. Da ist die Landschaft im Text, Partys, die aus dem Ruder laufen und Autofahrten, die so lange dauern, dass man den Bezug zur Zeit verliert.

Jeder kennt das seltsam schwebende Gefühl, wenn man zu lange unterwegs ist: Der Mensch, der wir waren als die Reise begann, liegt hinter uns und der Mensch, der wir sein werden, wenn wir ankommen, sind wir noch nicht. Zwischendimension.

Und so ist auch „Joan Didion“: Der Songtitel bedeutet nicht, dass wir etwas aus der Biographie der berühmten Autorin erfahren, sondern, dass es um das Lebensgefühl ihrer Protagonistinnen geht. Und in Australien, das Land aus dem Kat eingewandert ist, ist vor allem ein Buch berühmt.

„Spiel dein Spiel“ ist der amerikanische Klassiker von Joan Didion. Der Roman handelt von Maria Wyeth, einer gelben Corvette, einer Autofahrt, Tranquilizer, Hollywood und der Frage, ob wir unser Leben führen, indem wir vor den Traumata der Vergangenheit flüchten oder eine Zukunft gestalten. Im Original so kontrolliert geschrieben, dass Hemingway wie ein Schwätzer wirkt.

Und so ist auch „Joan Didion“: Schlaue Musik, schlaue Texte und trotzdem weder intellektuelle Nabelschau oder so abgehobene Avantgarde, dass nur Musikstudierende nach dem Anhören zwei Mal begeistert hüsteln.

Stimmen hört man am besten live wie im Video zu „Joan Didion“, vor allem die von B O D I E S, die da heißen: Laen, Erika Emerson, Barbara Greshake, Trini Doherty, Fama M’Boup, Ngoc Anh Nguyen und Tara Nome Doyle. Das Video wurde gedreht von Timothy Wiehn im Tieranatomischen Theater in Berlin.

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