Feiertag – ausschlafen und am Abend ins Luxor? In Köln muss man eigentlich Vorsicht walten lassen, wenn jemand einem diesen Vorschlag unterbreitet. Als naiver Zugezogener könnte man dann nämlich allzu schnell in eine weltbekannte Falle namens Karneval tappen. Was andernorts nur einmal im Jahr ist, zieht sich in Köln gefühlt durch die gesamte kalte Jahreszeit.

Kalt ist es an diesem gestrigen Mittwochabend auch, der 11.11. lässt aber glücklicherweise noch zehn Tage auf sich warten. So bekommt die relativ überschaubare Menschentraube, die sich im Luxor für Gaz Coombes mit vornehmen Abstand zur Bühne einfindet, heute etwas anderes zu hören als BAP und Co. – wir beschweren uns nicht.

Stattdessen steht als Opener Ralfe Band auf der Bühne. Gut, eigentlich steht da nur Oly Ralfe, Schirmherrr und Namensgeber der auf dem Ticket aufgeführten Band, die Solo-Performance macht in ihrer rührenden Authentizität aber alles wieder wett.

Ralfe gibt Stücke aus sämtlichen Phasen der Band am Piano und an der Gitarre zum Besten und passt auf seinem unbequemen Stuhl und inmitten einer Bühne, die schon für Gaz Coombes’ Band bestückt wurde, zum improvisierten Charme des Luxor – die Decke rattert im Takt mit.

Ralfe Band spricht kurz vor Ende seines Sets noch an, was ohnehin alle – die im Vorhinein mal ein Blick auf Gaz Coombes’ Tourplan geworfen haben – denken. Diese Show im Luxor ist, jedenfalls im Kontext dieser Tour gesehen, etwas Besonderes.

In anderen Städten werden deutlich größere Venues ausverkauft, während in Köln selbst das kleine Luxor noch ordentlich Platz für mehr Publikum bieten würde. So überträgt sich die authentische Intimität von Ralfes Solo-Performance sogar auf den Main Act, der kurze Zeit später, begleitet von zwei Musiker*innen, die Bühne betritt.

Gaz Coombes wirkt dabei auch sichtlich angetan von der etwas heruntergeschraubten Größe des Venues. Als willkommene Runterskalierung des Niveaus, das Coombes selbst gewöhnt sein dürfte, fängt der Brite auch gleich zu Beginn, und durch das Set hinweg, Gespräche mit dem Publikum an. Da wären solche, die ihm in Köln zum Geburtstag gratuliert haben wollen – er erinnert sich nur lückenhaft – und diejenigen, die seine Songauswahl wohlwollend kommentieren.

Coombes wechselt an diesem Abend regelmäßig zwischen akustischen Versionen seiner neueren Songs und lauten, rohen, intensiven Passagen, in denen die E-Gitarre zum Einsatz kommt. Wegen der etwas blechernen Akustik im Luxor machen erstere Tracks noch mehr Eindruck und lassen Coombes’ beeindruckende stimmliche Leistung in den Vordergrund treten.

Seine Rotation zwischen den Gitarren und dem Piano wird von einem kleinen Glas Rotwein (oder Cola? Aber wer nippt Cola?) angetrieben und von vielen Anekdoten eingerahmt. Es wird nämlich auch persönlich in Coombes’ Set:

Wenn er zum Beispiel von seiner autistischen Tochter erzählt, von der Art und Weise, wie sie ihm hilft, die Welt mit anderen Augen zu sehen, oder wenn er von früheren Welttourneen mit Supergrass berichtet, auf denen er high seine Frau in England anrief, um sich zu beruhigen, und die Paranoia einer einsamen Existenz am anderen Ende des Atlantik zu vertreiben.

Coombes bringt der deutschen Menge sein Lieblingswort discombobulated (“verwirrt, durcheinander”) bei und mindestens ein Zuschauer zweifelt die Existenz eines solchen Wortes an.

Mit der Zugabe holt Gaz Coombes auch die restlichen sentimentalen Brit-Pop-Melancholiker*innen ins Boot und spielt “Caught In The Fuzz”, eingeleitet von der zweiten Polizeigeschichte des Abends.

Am Ende spuckt die kleine, dunstige Zeitmaschine namens Luxor das Publikum beglückt auf die Luxemburger Straße aus, die in wenigen Wochen zum stinkenden Epizentrum rheinländischer Glückseligkeit mutieren wird. Davor wartet Gaz Coombes noch am Merch-Stand – es war also wirklich ein besonderer Abend.

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