Auf der Liste der Bands, die sich das Leben durch eigene Unzulänglichkeiten immer wieder selber schwer machen, steht die britische Indie-Combo Fat White Family ziemlich weit oben. Als würden die die Drogenprobleme der einzelnen Bandmitglieder nicht schon schwer genug wiegen, kamen diesmal während der Produktionsphase für das neue Studioalbum “Forgiveness Is Yours” auch noch interne Querelen dazu.
So fragten sich viele Fans der Band nach dem unrühmlichen Abgang von Gründungsmitglied Saul Adamczewski, ob sich die personellen Zerwürfnisse negativ auf die neue Musik auswirken könnten.
Bereits nach dem ersten Durchlauf des neuen Longplayers kann man alle Zweifler jedoch beruhigen. Dem kantigen Erzählerintro (“The Archivist”) folgt ein wabernder Einstieg mit halluzinierenden Zügen und eingestreutem Panflötenchaos (“John Lennon”).
Atmosphärischer 80s-Pop schließt sich an und hievt das verzerrt flirrende Ganze auf ein neues Level (“Bullet Of Dignity”). Das musikalische Durcheinander nimmt so langsam Formen an.
Während sich Sänger Lias Saoudi die Seele aus dem Leib singt, duellieren sich im Hintergrund die wildesten Soundeffekte. Das Chaos ist Programm – so scheint es zumindest. Wer sich allerdings dem Klangrausch öffnet, der erkennt irgendwann auch eine feste Struktur.
“Forgiveness Is Yours” ist kein Werk für Freunde der Eingängigkeit. Wer auf melodische Hooks und hitverdächtige Refrains steht, der sollte hier die Finger von lassen.
Wer allerdings gerne mal zwischen den Akkorden lauscht (“Visions Of Pain”, “Religion For One“) und ein Faible für aufplusternde Dynamikspiele hat, der hat hier großen Spaß.
Die Fat White Family deckelt die brodelnde Vergangenheit mit einem intensiven musikalischen Potpourri aus Pop, Elektro, und psychedelischem Experimental. Nicht gerade die zugänglichste Mischung – aber wer sich die Zeit nimmt und sich auf den Rausch einlässt, der kommt voll auf seine Kosten.