Bereits mitten im dritten Jahrzehnt ihrer Solokarriere sollte man meinen, Jane Weaver hätte längst jede Nische, jede noch so kleine und dunkle Ecke ihres Soundkosmos ausgeleuchtet und erforscht.

Und klar, wo es 2002 noch mit psychedelischem Freak-Folk des Debütalbums „Like An Aspen Leaf“ losging, brachte die englische Songwriterin in den folgenden Jahren mannigfaltige Kreativ-Etappen hinter sich und machte diverse Spielarten von Rock, Pop und Folk ihr eigen.

Zeitsprung in die Gegenwart: Nach dem Album, „Flock“ von 2021, auf dem noch schillernder Glam, heller Pop zwischen Synthetik und Fuzz sowie die Musik gemachte Facettenlawine einer Diskokugel aufwarteten, zieht sich Weaver wieder ein gutes Stück zurück.

„Love In Constant Spectacle“ ist ein Schritt in die Introversion – ironisch, da es das erste Album ist, auf dem die Sängerin die Produktionszügel jemand Anderem überlässt.

Dass es sich dabei um PJ-Harvey-Wegbegleiter John Parish handelt, schwächt den Schockfaktor einerseits ab. Andererseits ergibt die Wahl absolut Sinn, hält man sich das Gesamtwerk Weavers und ihre chamäleonhafte Wandelbarkeit über die Jahre vor Augen, an der Parish nicht ganz unbeteiligt war.

Der schier blendenden Offenheit des Vorwerks setzt „Love In Constant Spectacle“ nun eine schwebende, unaufgeregte und nachdenkliche Stimmung entgegen. Weaver atmet tief durch, wählt ihre Worte wohl überlegt und wird selten wirklich laut.

Die Zurückhaltung bedeutet allerdings nicht gleich Simplizität: Die Britin bezeichnet sich selbst als Studio-Nerd, probiert jedes Gerät, jedes Gitarrenpedal und jeden Synthesizer ausführlich aus und schmückt ihre Arrangements dementsprechend vielseitig.

So fängt etwa ein Song wie „Emotional Components“ als süßlicher, leichter Pop-Track mit leicht gezupfter Gitarre an, der aber mit der Zeit sanft schneidende Synths im Hintergrund fallen lässt, bevor ein dickes Fuzz-Solo, das auf dem Papier gar nichts hier zu suchen hätte, genau die richtige Würze einbringt.

Für Weaver bedeutet Introspektion nicht gleich Isolation oder Klaustrophobie. Vielmehr steigt die Sängerin voll Abenteuerlust in ihre eigene Welt ab und genießt die psychedelischen, die innigen, die organischen und die transzendentalen Momente.

Dabei wirkt Weaver so abgeklärt und nüchtern, wie man nur sein kann, wenn man die eigene Gefühlswelt aufrollt. „Love In Constant Spectacle“ ist nüchtern, ohne gefühlskalt zu sein. Das Album zeigt offen Emotionen und wird dabei in keinem Moment rührselig oder kitschig.

Dass das Songwriting der Britin dabei noch betörend bleibt und zum ständigen Aufhorchen motiviert, schnürt das Paket um „Love In Constant Spectacle“ vollends zu. Weaver trifft wieder einmal ins Schwarze.

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