LUCI packt ihre Gelegenheit beim Schopf. Die Künstlerin zog aus ihrer Heimat Charlotte, North Carolina weg, um in New York kreativen Fuß zu fassen. Daraus resultierte die 2022er EP “Juvenilia”, die spannende Ausflüchte in eher traditionelleren Hip-Hop und R&B bot und eine ganz persönliche Note des Seelen-Striptease darbrachte.
Dabei belässt es die Sängerin allerdings nicht, allein schon, weil sie sowohl privat als auch in ihrem kreativen Output unverrückbar auf Weiterentwicklung und freie Entfaltung bedacht ist.
Daher ist es wenig überraschend, dass das erste Studioalbum der Rapperin “They Say They Love You” eine bemerkenswerte Weiterentwicklung ihres bisherigen Materials ist.
Die erste Auffälligkeit dabei ist die Tatsache, dass LUCI vom ersten Ton an mit Genreklischees spielt, sie aufschlüsselt, auseinander nimmt und in unerwarteter, unorthodoxer Form wieder zusammensetzt.
Hip-Hop ist dabei nach wie vor ein signifikanter Faktor auf “They Say They Love You”, der oftmals die Grundlage der Tracks bildet: Alleine der Opener “Martyr” wird getrieben von einem vorpreschenden Beat.
Dieser entwickelt allerdings schnell ein Eigenleben und bedient sich in poppigeren Gefilden, lugt auch gerne zum Trip-Hop hinüber und lässt sich nur allzu selten im Trap einspannen. LUCI lässt sich nur ungern von aktuellen Hypes mitziehen und schaut lieber zur Seite und zurück, um sich inspirieren zu lassen.
“11:11” wirkt wie ein funkiger, entspannter und absolut zeitloser Pop-Song, in dem ein Stück Daft Punk, ein bisschen Massive Attack und sogar ein kleiner Teil Madonna aus den 90ern steckt.
In ihren Songs singt LUCI über Selbstwert, über das Finden ihrer eigenen Stimme und über die Menschen und Umstände, die dies anscheinend um jeden Preis zu unterbinden versuchen. Die Selbstfindung fällt der Sängerin nicht immer leicht und sie weiß, dass es ein schwieriger, schmerzhafter Prozess ist.
“They Say They Love You” zeigt aber eindrucksvoll, dass die Künstlerin alles daran setzt, zu dem Menschen zu werden, der sie sein will. Auch wenn das bedeutet, dass ihre Songs ohne dreiminütige, hook-lastige Struktur auskommen müssen.
LUCIs Debütalbum ist ein nüchternes Coming-of-Age-Testament, das weder traurig, noch sonderlich fröhlich ist. Es ist kopflastig und ehrlich, es beschönigt nichts und spielt keinen Optimismus vor.
Und genau das ist es, was die Platte so nahbar und anziehend macht.