Das hat damals alles auf den Kopf gestellt – La Luz im Interview

Freud und Leid liegen im Leben oft ganz nah beieinander – so auch im Fall von La-Luz-Sängerin Shana Cleveland. Die junge Mutter machte Anfang 2022 ihre Brustkrebserkrankung öffentlich. Leben und Tod standen plötzlich auf derselben Schwelle – eine Zerreißprobe für alle Involvierten. Zwei Jahre später veröffentlichen La Luz nun ihr neues Studioalbum „News Of The Universe“ – ein Album, das natürlich auch irgendwie als Verarbeitungstool fungiert. Kurz vor der Veröffentlichung des fünften Studiowerks trafen wir uns mit der Sängerin zum Interview und sprachen über dunkle Zeiten, Planänderungen und plötzliche Empathieschübe.

MusikBlog: Shana, euer neues Album trägt einen sehr interessanten Titel. Was genau steckt hinter „News Of The Universe“?

Shana Cleveland: Die Geschichte dahinter ist nicht ganz so spektakulär, wie man vielleicht meinen könnte. Es gibt ja auch einen Song auf dem Album, der denselben Titel trägt. Der Titel stammt aus einem Buch, das ich während einer Zeit gelesen habe, in der es mir nicht ganz so gut ging. Mir hat dieses Buch damals sehr geholfen. Ich finde den Titel einfach toll und ich dachte, dass er sehr gut zu den neuen Songs passt.

MusikBlog: Die schwierige Zeit von der du sprichst, war die Zeit, in der man bei dir Brustkrebs diagnostizierte. Welche Rolle hat das Schreiben neuer Songs während dieser Zeit gespielt?

Shana Cleveland: Eine sehr wichtige Rolle, würde ich sagen. Die Diagnose hat damals alles auf den Kopf gestellt – und zwar von heute auf morgen. Eigentlich hätten wir auf Tour sein sollen. Aber plötzlich ging es in meinem Leben um ganz andere Dinge. Das war wirklich nicht einfach für uns alle. Unser Manager hat dann irgendwann gesagt, wir sollten uns vielleicht mit dem Schreiben von neuen Songs auseinandersetzen, quasi als zusätzliche heilende Maßnahme. Das haben wir dann auch getan. Wir hatten zuerst aber kein komplettes Album vor Augen, sondern nur ein paar Ideen. Das Ganze entwickelte sich dann immer weiter. Und irgendwann hatten wir dann ein Album fertig.

MusikBlog: Der Sound der neuen Songs unterscheidet sich ein wenig von den älteren Sachen. Ihr präsentiert euch diesmal experimentierfreudiger und offener für Einflüsse aus anderen Bereichen. Wie kam es dazu?

Shana Cleveland: Wir waren immer eine Band, die sich als Live-Band verstanden hat – und so wollten wir auch immer klingen, möglichst nah dran an unserem Live-Sound. Diesmal lief es etwas anders, denn mit unserer neuen Keyboarderin Maryam Qudus hatten wir jemanden mit im Studio, der uns dazu animierte, uns mehr zu öffnen. Maryam kennt sich unheimlich gut in der Welt der Synthesizer und der Effekte aus. Wir waren schnell sehr begeistert von der Idee und den ersten Ergebnissen, so dass wir am Ball geblieben sind und jetzt auf ein Album blicken, dass uns soundtechnisch einen großen Schritt nach vorne bringt.

MusikBlog: War dieser spontane Öffnungsprozess eine große Herausforderung für euch?

Shana Cleveland: Nein, eigentlich nicht. Mit der Diagnose trat auch ein Gefühl in mein Leben, mit dem ich vorher nicht so richtig konnte. Ich hatte vorher immer das Gefühl, einen bestimmten Plan verfolgen zu müssen – auch was die Band anbelangt. Aber dieses Gefühl war plötzlich verschwunden. Mir wurde auf einmal klar, dass es auch mal wichtig ist, sich zu öffnen und Neues auszuprobieren. Das haben wir im Studio dann auch total ausgelebt.

MusikBlog: Ist man dann auch gleichzeitig offener für Einflüsse von außen?

Shana Cleveland: Ja, total. Im Studio haben wir uns permanent gefragt, welche vibes und Sounds noch passen könnten. Wir haben unheimlich viel Musik gehört. Ich habe mich diesmal auch von alten Black-Sabbath-Sachen inspirieren lassen. Die Sabbath-Songs aus den Siebzigern haben so eine ganz bestimmte, wunderschöne heavyness. Das ist oft sehr düster, blüht dann aber Sekunden später auf. Diesen vibe wollte ich unbedingt mit reinnehmen. Wer ganz genau hinhört, der findet vielleicht die eine oder andere Parallele. (lacht)

MusikBlog: Thematisch sprüht das Album nur so vor Liebe, auch wenn nicht wirklich klassische Beziehungssongs enthalten sind.

Shana Cleveland: Ja, das ist schon sehr interessant. Die Liebe geht diesmal viel tiefer. Ich habe nach der schweren Zeit einen ziemlichen Empathieschub bekommen. (lacht) Diese Dankbarkeit und dieses lebensbejahende Gefühl wollte ich unbedingt auch in die neuen Songs mit einfließen lassen. Es geht also um die Liebe im Allgemeinen. Manchmal liebt man einfach sein Leben, einen bestimmten Moment oder etwas anderes. Es muss nicht immer eine bestimmte Person sein.

MusikBlog: Du bist vor ein paar Jahren Mutter geworden. Was hat sich seitdem für die dich als Musikerin verändert?

Shana Cleveland: Auch dieses Ereignis trägt natürlich dazu bei, dass man mit mehr Liebe und Empathie durchs Leben geht. Und ja, am Anfang war es schon nicht ganz so einfach, alles unter einen Hut zu bekommen. Aber mittlerweile geht mein Sohn in die Schule. Ich habe also genug Zeit für die Band und die Musik und all die anderen Dinge, mit denen ich mich auf der künstlerischen Ebene so beschäftige.

MusikBlog: In welchem künstlerischen Arbeitsprozess fühlst du dich am wohlsten?

Shana Cleveland: Eigentlich liebe ich es am meisten, wenn ich irgendwo auf der Bühne stehe. Das ist etwas seltsam, weil ich eher schüchtern bin und mich nicht wirklich wohl fühle, wenn ich im Mittelpunkt stehe. Auf der Bühne ist das aber anders. Ich liebe die Verbindung mit den Leuten vor der Bühne. Das ist ein unvergleichliches Gefühl. Was auch toll ist, ist der Augenblick, wenn ein Song fertiggestellt ist. Man spürt dann ein Gefühl der Befreiung. Das sind auch immer sehr schöne Momente.

MusikBlog: Wir haben bereits über euren „Neuzugang“ Maryam Qudus gesprochen. Anfang des Jahres haben Alice Sandahl und Lena Simon die Band verlassen. Was waren die Gründe dafür?

Shana Cleveland: Wir sind nicht im Streit auseinander gegangen, ganz im Gegenteil. Nach so vielen Jahren war es für die beiden einfach an der Zeit, sich musikalisch zu verändern und neu zu orientieren. Ich bin ihnen unheimlich dankbar für all die Jahre, in denen sie sehr wichtig für die Band waren. Jetzt stellen wir uns neu auf und entwickeln eine neue Dynamik innerhalb der Band. Das ist wichtig und spannend.

MusikBlog: Vielen Dank für das Interview.

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