„Love Changes Everything“ – eine Tatsache, mit der sich Climie Fisher schon in den 80ern in den Gehörgängen festkleisterte. Wenn die australischen Instrumental-Ikonen Dirty Three auf dem aktuellen Werk dieses Thema zerpflücken, sind keine Gassenhauer zu erwarten, dafür eine in komplexen Soundkonstrukten ausgedrückte „Verkörperung der Idee der Liebe als Katalysator“ (so die Autoren) mit all ihren Facetten.

Nicht nur an der räumlichen Trennung (Mick Turner ist in Melbourne, Warren Ellis in Paris, Jim White in New York ansässig), auch am Pandemie-Stau und der Umtriebigkeit der Herren scheiterte seit dem 2012er Album „Toward The Low Sun“ ein gemeinsames Folgealbum.

Ellis schien 24/7 mit Nick Cave im Studio eingeschlossen, Turner ging seiner Obsession für die Malerei nach, war solo mit Mess Esque und Eleanor Jawurlngali Triad zu hören, der gefragte Sessionspezialist White war mit Xylouris White aktiv – einer der drei war verlässlich unabkömmlich.

Irgendwann fand sich die Zeit, um eine in sechs Kapitel unterteilte Abhandlung zur Liebe zu verfassen, in deren erstem Teil sich aus einer undifferenzierten Geräuschkulisse zart aufkeimendes Interesse füreinander demaskiert, das in ständiger Verdichtung von brodelnder Leidenschaft erfasst und von den Protagonisten vorzugsweise per Violine, Gitarre und Schlagzeug vor sich her getrieben wird.

Die Stimmungslage, mit der Warren Ellis die letzten beiden Bad-Seeds-Platten prägte, findet sich in den Teilen „II“ und „III“, ist die intime Einkehr von „IV“ nahrhafter Boden für Melancholie, erhebt sich über dem unruhigen Unterbau von „V“ progressives Lärmen mit der Wucht eines Trennschleifers.

In der Fusion des riesigen musikalischen Backgrounds der Protagonisten, ist den Aufnahmen jegliche Kategorisierung fremd. Im Vakuum aus Jam-Session und Komposition scheint das Zusammenspiel des Trios auf Antizipation zu fußen, beispielhaft im epischen Finale, in dessen zehn Minuten zwischen zarten Pianoanschlägen White die Drumsticks in Marschformation auf die Felle fallen lässt, sich Ellis Instrument neben Turners Saitenzupfern in die Tiefe windet.

„Wir waren freier als je zuvor…“ beschreibt White das Wesen der Produktion, in deren Aufhebung von Ordnung und Struktur, Rhythmus-, Lautstärke und Tempo scheinbar willkürlich wechseln, am Ende der Stücke mehr als die Summe der einzelnen Teile steht, die trotz allem anarchischen Ungehorsam harmonisch scheinen.

„Aufgenommen in fünf Tagen. Gemischt in einem Jahr. Nichts hat sich geändert. Älter und gemeiner, trauriger und total gefährlich….“  fasste Warren Ellis „Love Changes Everything“ zusammen. Dem ist nichts hinzuzufügen.

Schreibe einen Kommentar

Das könnte dir auch gefallen

Album

Mercury Rev – Born Horses

Album

Pom Poko – Champion

Album

John Grant – The Art Of The Lie

Login

Erlaube Benachrichtigungen OK Nein, danke