Bei der 13. Auflage im 14. Jahr trotzt das Maifeld Derby durchwachsenem Wetter mit einer zusätzlichen Open Air Bühne. Ausgerechnet, könnte man meinen. Doch weder sporadischer Regen noch der etwas sperrige Zugang können der neuen Arena-2-Stage etwas anhaben.

Sie wird am Freitag zunächst vom Berliner Krautrock-Trio Zahn und anschließend noch intensiver von Sextile auf ihre Standfestigkeit hin getestet. Der Elektro-Punk der Band aus Los Angeles scheint in Look and Feel direkt der retrofuturistischen Dystopie von „Blade Runner“ entstiegen zu sein. Die Band steht damit exemplarisch für ein noch größeres Gewicht auf elektronischer Seite im Line-Up, das vor allem das Samstagsprogramm dominiert.

Neben den Hauptacts Kiasmos und Modeselektor gerät in dieser Reihe der elektrifizierte Neo-Klassik-Pop von Hania Rani am eindrücklichsten – eine überaus begabte Pianistin aus Polen, die hierzulande schon mal von der Deutschen Grammophon veröffentlicht wird und zwischen ihrer Burg aus Tasteninstrumenten mitunter mit dem Rücken zum Publikum performt. Wobei sich die Performance nicht körperlich äußert, sondern genauso auf die Musikalität fokussiert wie beim sommerlichen Space-Jazz-Pop von Mildlife auf der großen Open Air Bühne.

Mit coolen Klamottenständen, Gigposter-Buden und Schallplattenkisten, die entlang des Wegs zur einzigen Sitzplatzbühne des Festivals verlaufen, wird zum umfangreichen wie gewohnt vielseitigen Programm auch die alternative Kauflaune angestachelt.

Mit dem neuesten Astrel K Vinyl unterm Arm ist deren Liveauftritt auch genau der erhoffte Prog-Pop-Weirdo-Traum. Frontmann Rhys Edwards sieht nicht nur aus wie Conor Oberst, er macht auch Musik für fortgeschrittene Bright-Eyes-Fans und avanciert zur heimlichen Nummer eins am Freitag – bis Róisín Murphy auf den Plan tritt.

Mit einem der besten Sounds des Festivals wechselt die Elektro-Pop-Queen nicht nur durch ihre extravagante Garderobe, sondern gleichermaßen zielsicher zwischen Solosongs und früheren Moloko-Stücken. Wie schon vor einigen Jahren, als sie bereits Headlinerin des Maifeld Derbys war, triumphiert sie bei ihrem zweiten Gastspiel mühelos.

Ebenfalls zum zweiten Mal gastieren Slowdive im Palastzelt, die noch einen Deut überzeugender ausfallen als 2017. Das liegt zum einen an den starken Songs ihres aktuellen Albums „Everything Is Alive“, einer imposanten Lichtshow und dem Geiste Syd Barrett’s.

Zum Finale ihres Sets und als Schlusspunkt des Festivals covern die britischen Shoegazer auf überragende Weise „Golden Hair“ – einer der Solosongs von Pink-Floyd-Gründer Barrett, dessen Counterfeit dabei konstant auf der großen LED-Wand flackert. Es ist vielleicht der magischste, in jedem Fall der ehrfurchtsvollste Moment des Festivals.

Weil neben Slowdive und Murphy der ein oder andere größere Name beim diesjährigen Line-Up fehlt, zählen an selber Stelle Brutus und Chelsea Wolfe, die für die pastorale Härte sorgen, bereits zu den populärsten Acts. Ebenso wie Altın Gün, die – konträr zu den düsteren Klängen im Palastzelt – Global-Beat für alle dabei haben, in dessen Wärme sich gar kurz die Sonne zeigt.

Die Abwesenheit größerer Namen erlaubt es dem Publikum dafür umso mehr, neue, vielversprechende Künstler*innen zu entdecken. Etwas, womit sich das Festival ohnehin schon immer ausgezeichnet und folgerichtig im vergangenen Jahr den Status als ‚Europe’s Best Small Festival’ errungen hat.

Gerade der Parcours D’Amour ist und bleibt dafür ein Wallfahrtsort. Am Samstag werden dort etwa Oracle Sisters aus Frankreich mit Sonne im Herzen von anhaltenden Standing Ovations auf der Tribüne begleitet.

Sonntags überzeugt erst Grace Cummings und dann die mit Schwyzerdütsch gestarteten To Athena samt Streicher-Trio.

Durch einen ausgeklügelten Zeitplan lässt es sich, wenn man denn möchte, trotz der zusätzlichen Bühne bei nahezu jedem Act vorbeischauen. Denn die Wege bleiben weiterhin kurz und machen den Charme dieses Lieblingsfestivals genauso aus, wie das gewohnt entspannte Publikum, bei dem der Idiotenkoeffizient gegen Null tendiert.

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