Eigentlich müsste Bosse jeden Herbst und Winter eine Tour spielen. Nicht nur, weil man den vielen Tanzaufforderungen dann besser nachkommen kann und währenddessen nicht droht, bei den sauna-ähnlichen Temperaturen zu zerfließen. Sondern auch, weil die Konzerte ein Garant gegen jede Form von schlechter Laune sind, wie eine Endorphin-Injektion.
Es ist der bislang heißeste Tag des Jahres und in Köln ist einiges los. Tokio Hotel beispielsweise spielen anlässlich des CSDs ein kostenloses Konzert auf den Heumarkt. Wer deswegen vermutet, dass es in der Live Music Hall an diesem gestrigen Abend etwas weniger eng zugeht, der wird enttäuscht. Köln hält Bosse die Treue und bei dem ungewöhnlich frühen Beginn um 19:45 Uhr ist die Halle bereits brechend voll.
Dass es keiner Aufwärmzeit bedarf, liegt aber nicht nur an den Außentemperaturen. Mit „So Oder So“ liefert Bosse mit seiner Band gleich mit dem zweiten Song ein Feuerwerk ab. Schon jetzt sind die Shirts komplett durchnässt und natürlich darf der Signature-Move des Hamburgers nicht fehlen.
Aus Kettcars „So lang die dicke Frau noch singt, ist die Oper nicht zu Ende“ wird bei Bosse-Konzerten „So lang das Publikum noch singt, ist der Song noch nicht zu Ende“. Und so ist „So Oder So“ längst nicht die einzige Nummer, welche die textsicheren Zuhörer*innen in eine Maxiversion mit Überlänge verwandeln.
Für „Ein Traum“ begrüßt Bosse „die größte Görlband der Welt“, die Kölner Veedelperlen, auf der Bühne und kurze Zeit später stürzt er sich zu „3 Millionen“ kurzerhand mitten in die verschwitzte Menge. Es sind diese Momente, die für das Strahlen in den Augen aller Beteiligten sorgen.
Natürlich hat Bosse jede Menge Redebedarf mitgebracht. Er bedankt sich tausendfach, erzählt von seiner ersten Liebe und den vielen Songs, die er in Kölner Einzimmer-Apartments aufgenommen hat, fordert das Publikum zu einem Applaus für eine junge Dame in der ersten Reihe auf, die per Schild kommuniziert, dass das heute ihr erstes Konzert ist. „Wir brauchen hier vorne bunte Tüten für die Kinder. Und ich nehme dann auch eine“, schiebt er hinterher.
Nach „Dein Hurra“ kündigt er eine 15-minütige Pause an, damit alle ein bisschen frische Luft schnappen können. Nachdem sich die Menge mit Wasser, das kurzzeitig am Getränkestand sogar aus ist, und anderen Getränken versorgt haben, geht es anschließend mit „Royales Morgenblau“ und einer Akustik-Version von „Augen zu Musik an“ etwas ruhiger weiter.
„Ey, wir verzichten auf diesen Zugabenquatsch und ziehen einfach durch, oder?“, fragt Bosse nach „Schönste Zeit“. Das Publikum bejaht und wird nach „Ich Warte Auf Dich“ zu „Der Letzte Tanz“ mit einem fulminanten Finale in den warmen Sommerabend entlassen.