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Stadlober und Tucholsky – Wenn wir einmal nicht grausam sind, dann glauben wir gleich, wir seien gut

Im breiten künstlerischen Portfolio von Robert Stadlober ist die Musik ein wesentlicher Bestandteil, der Wahl-Wiener betreibt ein Label, singt und spielt in verschiedenen Formationen. Dass er sich jetzt auf einem Musik-Album dem Werk eines Dichters widmet, ist nach seinen Stefan-Heym-Vertonungen nicht neu, war aber initial nicht vorgesehen.

Aus der Idee, aus Texten plus eingestreuten, musikalischen Beiträgen einen Kurt-Tucholsky-Abend auszufüllen, wurde – dem Unwillen geschuldet, ein solches konventionelles Format nicht bedienen zu wollen und getriggert von einer neu angeschafften Gitarre – die umgekehrte Variante, mit der er sich derzeit auf Tour befindet.

Die Gesamtausgabe ist als 40-teiliger Gedichtband erschienen, via Staatsakt gibt es nun unter “Wenn wir einmal nicht grausam sind, dann glauben wir gleich, wir seien gut” eine Liedersammlung zu hören, in der der Protagonist diejenigen Teile aus dem Nachlass des Literaten ausgewählt hat, die ihm für den gegenwärtigen Zeitgeist am Passendsten erschienen.

Robert Stadlober hat Tucholskys Verse eloquent in Songtauglichkeit umgewandelt, transformiert dessen Themen in die Gegenwart, in doch so vieles von dem, was der Gesellschaftskritiker in frühen Dekaden des vergangenen Jahrhunderts – vom Schulmeistern des Volkes in “An das Publikum” bis zur Schnelllebigkeit in “Wo Ist Der Schnee” – beißend kommentierte, immer noch oder schon wieder aktuell ist.

Die Instrumentalisierung der Stücke ist differenziert, die akustische Gitarre führt, dazu meist dezente Akkorde der Elektrischen und ein warmer Bass, die sich im Verbund mit dem unaufdringlichen Schlagzeug und einem organischem Backgroundgesang zu einem stimmigen Rahmen formieren .

Zu erleben ist leichter Folk-Pop in “Im Käfig”, klapprig-rockiges Ton-Steine-Scherben-Gedenken per “`S` Ist Krieg”, mit “Augen In Der Großstadt” die leise Ballade, dazu malt der – wie der Vorlagengeber ebenfalls an der Spree aufgewachsene Künstler – mit “Bellevue” ein melancholisches Stimmungsbild der Hauptstadt zwischen den Weltkriegen.

Kurt Tucholsky im Singer/Songwriter-Outfit – Robert Stadlober bereitet dessen Nachlass kurzweilig auf und platziert die Aktualität seiner Inhalte auf den Punkt.

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