Mit ihrem 12. Studioalbum „The Night“ beweisen Saint Etienne, dass sie auch nach über 30 Jahren immer noch ein Händchen für großartigen britischen Pop haben. Das Trio – Sarah Cracknell, Bob Stanley und Pete Wiggs – liefert diesmal keine Party-Beats, sondern ein Album voller Atmosphäre, Gefühl und Nostalgie. Perfekt geeignet für ruhige Momente: Kopfhörer auf, Augen zu, und abtauchen in eine traumhafte Klangwelt.
Schon der Opener „Settle In“ gibt den Ton an: Sanftes Regenrauschen, Sarah Cracknells warme Stimme und nachdenkliche Texte schaffen eine beruhigende, reflektierte Stimmung. Der Song fühlt sich an wie ein stiller Moment, in dem man innehält und über das Erwachsenwerden und prägende Lebenswege nachdenkt.
Diese sanfte Nachdenklichkeit zieht sich wie ein roter Faden durchs ganze Album. Songs wie „When You Were Young“ und „Preflyte“ nehmen die Stimmung auf und vertiefen sie. Besonders „Preflyte“ geht direkt ins Herz: Die aufbauenden Melodien und die Gelassenheit, mit der Verluste akzeptiert werden, sorgen für echte Gänsehaut.
Mit „The Night“ schlagen Saint Etienne eine neue Richtung ein. Im Gegensatz zum sample-lastigen Vorgänger „I’ve Been Trying to Tell You“ ist das Album deutlich reduzierter, fast beatlos, und entführt in sphärische Klangwelten.
Tracks wie „Half Light“ und „Through the Glass“ wirken wie flüchtige Träume – Erinnerungsfetzen, die im Dämmerzustand auftauchen. Klavier, dezente elektronische Texturen und Sarah Cracknells ätherische Stimme verweben sich zu einem schwebenden, fast magischen Klangteppich.
Trotz des minimalistischen Ansatzes gibt es immer wieder Momente, die einen emotional tief berühren. „Gold“ und „Hear My Heart“ zeigen, wie stark Reduktion wirken kann. Während „Hear My Heart“ mit seiner zarten, fast zerbrechlichen Schönheit besticht, bringt „Gold“ mit einem leicht angezogenen Tempo eine subtile Dynamik ins Spiel. Hier gilt definitiv: Weniger ist mehr.
„The Night“ ist kein Album für Partys oder schnellen Konsum. Es entfaltet sich langsam, regt zum Nachdenken an und spendet zugleich Trost. Saint Etienne zeigen, dass sie auch nach drei Jahrzehnten alles andere als stehengeblieben sind.
Statt nostalgisch in der Vergangenheit zu schwelgen, wagen sie einen mutigen Schritt nach vorne. Die experimentellen Ambient-Klänge und die klare, reduzierte Produktion machen das Album zu einer besonderen Reise.
Ein zartes, ehrliches Werk, das beweist, warum Saint Etienne nach all den Jahren immer noch etwas ganz Besonderes sind.