Was soll schon nach einem Debütalbum kommen, das man mit absoluten Legenden aufnimmt? Ein weiteres Album in Zusammenarbeit mit weiteren Legenden. Das sagt zumindest Horsegirls „Phonetics On And On“.
Das New Yorker Trio konnte sich mit seinem Grunge-Debüt „Versions Of Modern Performance“ jedenfalls längst in Kritiker*innen-Herzen breitmachen. Das lag sicher nicht nur, aber bestimmt auch an den großen Namen, die mit der Band seit Gründung 2019 assoziiert sind:
Auf dem Debüt sind Steve Shelley und Lee Ranaldo zu Gast, aufgenommen wurde es in Steve Albinis Studio mit John Agnello (Sonic Youth und Dinosaur Jr.). Und dann gingen Horsegirl auch noch mit The Breeders auf Tour.
Das sind ganz schön viele Häkchen, die die junge Band schon jetzt auf der großen Buzzword-Liste der 90er-Ikonen machen kann. Für ihr zweites Album engagierten die Musikerinnen nun kurzerhand die renommierte Cate Le Bon als Produzentin, die für Acts wie Deerhunter und St. Vincent an den Reglern saß. Die Sache mit den Legenden scheint dem Trio leicht zu fallen.
Die Sache mit dem Songwriting aber nicht weniger. Auch auf dem neuen Album gibt es wieder einiges zu entdecken, dieses Mal gibt der Titel wortwörtlich den Takt an: „Phonetics On And On“ ist gleich in doppelter Hinsicht auch eine künstlerische Idee.
Phonetisch ist der Longplayer vor allem deswegen geprägt, weil beinahe alle Songs maßgeblich durch Lautmalerei und Sprachrhythmen gestaltet sind. Neben den klassischen „Uh-Uh“-Chören entstehen so immer wieder schöne Melodien aus der Sprache heraus – etwa mit „Say say say say“ in „Switch Over“ oder „What you’re gonna do do do do do“ in „Julie„.
Und hier kommt auch das „On And On“ ins Spiel: Repetition ist das Stilmittel der Wahl, die jeden der Kleinode mit Widerhaken ins Ohrwurm-Gedächtnis gräbt.
Unterlegt wird diese herrlich naiv erscheinende Melodieverliebtheit mit den unterschiedlichsten Instrumenten, von Yo-La-Tengo-Streichern über quengelnde Gitarren bis zu reduzierten Percussions.
Im Kern klingt dieses Album aber stets nach Ruhe, Wärme – und Liebe. Diese steht als Leitmotiv über dem angenehm kantigen und experimentellen Ansatz, der sicher mehr 90er als 20er in sich trägt und doch mit dem Grunge des Debüts wenig Überschneidungen hat.
Dennoch: „Phonetics On And On“ ist maßlos erfrischend.