Wart ihr mal in der Stille einer nächtlichen Wüste? Habt den Weitblick genossen und die Sterne bestaunt, die besonders hell am besonders dunklen Nachthimmel leuchten? Habt ihr frühmorgens einen Spaziergang durch einen taudurchtränkten Wald gemacht, während die ersten Sonnenstrahlen des Tages durch die Bäume schneiden? Habt ihr euch mal soweit von der Welt entfernt, dass um euch herum nur wogendes Blau war?
Wenn ihr das alles mit Ja beantworten könnt, kann René Gonzalez Schelbeck alias Western Skies Motel eure Sehnsucht akustisch stillen. Der dänische Gitarrenvirtuose zaubert seit zehn Jahren instrumentale Ambientalben, die mit meditativer Grundstimmung schon beinahe an astrales Reisen grenzen.
Der Multiinstrumentalist spielt so gut wie alle Instrumente selbst ein, mit klarem Augenmerk auf die Gitarren, die sowohl akustisch als auch stromunterstützt zum Einsatz kommen.
Selten findet sich noch ein Synthesizer oder das klassische Klavier, neben anderen Instrumenten ein, um die Stimmung zu untermalen. So wie etwa beim Opener „Road“, dessen melancholische Akustikgitarre durch zerrende Streicher die gedankenverlorene Fahrt über menschenleere Straßen erst interessant macht.
„Stranded“ verliert sich in der ambienten Essenz von E-Gitarren, die sich sphärisch über offene Weiten ausbreiten und dabei an etwas zu wuchtigen Drums branden.
„Psalm“ verstärkt die Meditation durch weiche Klänge, die warmen Herbstwind gleich durchs Gehör brausen, säuselnd an vergangene Sommertage erinnern und doch viel zu kurzlebig sind um nicht an die kalten bevorstehenden Wintertage zu denken.
Denn „Lullaby“ zupft an der warmen Saitendecke, mit der man sich einmummelt, um eben diese Tage zu überstehen, bevor man mit „Caravan“ den Tagen der Einsamkeit mit fliegenden, fliehenden frühlingshaft warmen Americana-Klängen entkommt.
Mollige Klavierklänge und eine flirrender Synthesizerteppich legen sich wohlig um die tonalen Streicher, die wiederum „Nightfall“ akustisch vor’s innere Auge zaubern.
„All Is Gone“ klingt hingegen dramatischer, als es die wenigen Saitenklänge sind, die diesen minimalistischen Titel vorm akustischen Nichts bewahren.
Man muss schon genau hinhören, denn auch „Windswept“ erweist sich eher als klangliches laues Lüftchen. Der Sturm weht in den Gedanken, die von den synthesizer-erzeugten Strömungen ausgehen.
Sprudelnd verspielter gibt sich das glockengleiche „Fountain“, das in die Lo-Fi-Gitarren aus „Fragment“ übergeht. Immer wieder finden sich reduzierte Elemente von Americana im Klangkosmos wieder, die aber derart siechend dahingleiten, dass man sie eben auch nur für Fragmente eben jener amerikanischen Soundkulisse halten kann.
Da ist die lebhafte Kulisse von „Black Desert“ beinahe wohltuend, die mit sanfter Rhythmik und den sägenden, säuselnden Streichern den Ritt über die Prärie imaginiert, später sich im Drumtakt fast schon einer gewissen klanglichen Vehemenz bewusst wird und doch nicht zum Sturm im Wasserglas verkommt.
Schade, das abschließende „Coda“ verkrümelt sich wieder in seine staubige Ambientklangwelt, die elektronische Sphären nordlichtergleich am Klangfirmament erklingen lässt.
Dänemark mag landschaftlich verzaubern, doch Western Skies Motel scheint die Einsamkeit in der Natur in sich aufgesogen zu haben. Jeder der Dutzend Titel auf „Trails“ ist die perfekte Hörbegleitung für einsame Spaziergänge in der Welt da draußen.