GoGo Penguin schleifen mit ihrem siebten Album „Necessary Fictions“ einen Smaragd. Geometrisch, schillernd, glattpolliert. Es brechen sich die schönsten Farben akustischer Electronica.

Das Trio aus Manchester eignet sich mit ihrer unaufdringlichen und doch überaus eloquenten Musik zunächst hervorragend für den Halbschlaf im Schatten bei über 35 Grad Außentemperatur. Wer dann in der Dämmerung nochmal mit wachen Ohren hinhört, entdeckt ein ornamentales Puzzle, das in die Tiefe geht.

Im Wesentlichen ist „Necessary Fictions“ ein wohltemperiertes Experiment mit modularen Synthesizern, das zunächst auffallend gut klingt. Erneut so unaufdringlich, dass hier bei aller Präzision nicht der Hauch von Überproduktion mitschwingt.

Stattdessen setzt das bis dato instrumental agierende Projekt erstmals auf Gesangsgäste wie Daudi Matsiko, der dem Pianostück „Forgive the Damages“ einen zusätzlichen Feinschliff verleiht, irgendwo zwischen Junip und Sufjan Stevens.

Darüber hinaus erweitert das Trio mit dem Streicherensemble Manchester Collective unter der Leitung von Rakhi Singh das ohnehin bereits weitgefächerte Klangspektrum und kreiert etwa im Stück „State Of Flux“ ein flirrendes Spektakel aus Progpop und Neoklassik.

Chris Illingworth am Klavier, Nick Blacka am Kontrabass und Jon Scott am Schlagzeug kombinieren generell mit auffallender Leichtigkeit die Struktur und Improvisation des Jazz mit der Präzision und Energie elektronischer Musik. Wenn es emotional und dynamisch in die Tiefe geht, kommen nicht selten noch klassische Kompositionsansätze ins Spiel.

Es schimmern illustre Künstler wie Aphex Twin, Massive Attack oder Brian Eno durch, die sich mit den klassischen Klängen von Debussy und Shostakovich vermengen und ganze Jahrhunderte umspannen.

Wie etwa die Lead-Single „Fallowfield Loops“, ein treibender Hybrid aus Jazzelementen und Technol‑Loops, bei dem Kammermusik auf Clubkultur trifft. Das Musikvideo ehrt obendrein das brutalistische Wahrzeichen Manchesters, den “Toast Rack”.

In der immanenten Ruhe der Platte und der gleichermaßen tänzerischen Energie liegt nie ein Widerspruch. Im Gegenteil. Der groovig-dynamische Sound harmoniert prächtig mit den weiterhin überwiegend instrumentellen Stücken aus akustischen Pianos, die immer wieder träumerische Melodien auspacken, mit Bass und Drums, die um elektronische Texturen ergänzt werden.

GoGo Penguin sind in dieser Aufstellung seit längerem eine der zugänglichsten Bands im zeitgenössischen Jazz. Mit ihrem genreübergreifenden, technisch brillanten Ansatz sprechen sie gleichermaßen Jazzliebhaber*innen wie Fans von Ambient, IDM oder moderner Klassik an.

In jedem Fall bleiben sie eine ausdrückliche Empfehlung, ob zum Dösen oder Abtauchen.

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