Anna von Hausswolff hat als Künstlerin in den vergangenen Jahren ihre eigene Mythologie erschaffen. Eine, in der sie ihre Welt nicht bloß erzählt, sondern beschwört. Ihre Alben sind daher schon immer auch eine Art Ritual.
Mit „Iconoclast“ stößt sie die Türen zu ihrer Mythologie nun allerdings so weit auf, dass auch die Pop-Welt hinschauen kann. Dabei vereint sie große Gäste mit einem großen kreativen Spannungsfeld.
Der größte unter ihnen ist Iggy Pop, der in „The Whole Woman“ mit einer gewissen Altersmilde und tieftönendem Bariton als dunkler Prophet in Erscheinung tritt. Das harmoniert bestens mit Hausswolffs Gesang, auf den Fans nun sieben Jahre warten mussten, weil das bis dato letzte Album „All Thoughts Fly“ ein rein instrumentales war, das nur auf der Orgel fußte.
Das Lieblingsinstrument der schwedischen Musikerin kommt auch auf ihrem sechsten Album zu seiner Strahlkraft, reiht sich aber mehr denn je ein zwischen Chören, Pop-Elementen und Experiment. Der überragende Titeltrack sprengt exemplarisch das Korsett der Orgel und gibt ihrem sakralen Klangbild mehr Freiheiten.
Aus ihrer Drone-Vergangenheit heraus fängt es plötzlich an zu menscheln. Da passt es auch gut ins Bild, dass der Songs mit einem ätherischen Saxofon Solo von Otis Sandsjö ausklingt. Es lässt sich eine Weiterentwicklung, weg von reiner dröhnender Monumentalität, hin zu einem dynamischeren Bandsound attestieren.
Hausswollf gelingt dieser Schritt, ohne allzu sehr an den Ecken ihres Klangbilds zu schleifen. Aufgenommen in Kirchen, modelliert aus Hall, Pfeifenorgel, Saxophon, nahm sich Filip Leyman der Produktion an, der mit einem Gespür für das Sakrale im Feedback den Kern der Künstlerin bewahrt.
Thematisch bleibt sich die Dramaturgin dunkler Metaphern ohnehin treu: In einer Zeit, in der Spiritualität meist zur Deko verkommt, wirkt „Iconoclasts“ wie ein echtes Glaubensbekenntnis – weniger an einen Gott, als vielmehr an die Erschütterung.
Man kann festhalten: Wo früher Gravitation dominierte, bricht jetzt Menschlichkeit durch. „Iconoclasts“ ist Hauswollfs bislang offenste, wärmste und zugleich kompromissloseste Arbeit – ein spannungsgeladenes Album, für die dunklere Jahreshälfte.
