Deaf Havana haben sich für ihr siebtes Album „We’re Never Getting Out“ eine klare Mission gesetzt: Sänger James Veck-Gilodi durchlebt hier seine persönliche Katharsis. Das Ende einer Ehe, jahrelange Selbstzweifel, der Kampf mit Erwartungen. Er hat aufgehört, sich komplett neu erfinden zu wollen, und stattdessen begonnen, das Beste aus allen Lebensphasen zu integrieren. Soweit die Theorie.
In der Praxis präsentiert die Band einen hochglanzpolierten Pop-Rock-Sound, der in merkwürdigem Kontrast zu diesen schweren, intimen Themen steht. Da werden rohe Emotionen in Zuckerguss getaucht, bis sie radio-tauglich sind.
Veck-Gilodis Gesangsstil – schon auf vergangenen Alben zunehmend poppiger geworden – ist nun voll ausgereift und klingt zeitweise täuschend echt wie Ed Sheeran oder andere Pop-Crooner.
Diese Kombination aus Rockband-Instrumentierung und Pop-Vocals kennen wir bereits von Acts wie Normandie, und auch das Stomp-&-Holler-Revival scheint endgültig im Rock-Mainstream angekommen zu sein.
Das verträumte Soundgewand erinnert dabei verdächtig an The 1975 – und das ist kein Zufall: Ross MacDonald von eben jener Band hat hier Bass gespielt, und man merkt es der glänzend produzierten Instrumentierung deutlich an.
Songs wie „Cigarettes & Hotel Beds“ könnten derweil problemlos von Nothing But Thieves stammen, während „Lawn Tennis“ in Pop-Punk-Gefilde abdriftet, inklusive obligatorischem „Losing all my friends“-Klischee.
Deaf Havana experimentieren mit verschiedenen Effekten – einem Vocoder hier, Group-Vocals dort – doch diese Spielereien wirken oft halbherzig und machen die Songs eher kitschiger als interessanter.
Immerhin gibt es Lichtblicke: „Hurts To Be Lonely“ funktioniert als eingängige Pop-Anthem, und „Dog“ überzeugt mit etwas mehr Biss und einer Hook, die tatsächlich im Gedächtnis bleibt: „I always run back to the devil I know“ – einer der wenigen Momente, in denen Text und Sound wirklich zusammenfinden.
Der epische Opener „Life In Forward Motion“ und der als ausgestreckte Hand gedachte Closer „I’ll Be Around“ rahmen ein Album ein, das zwar ein paar eingängige Hooks bietet, aber letztlich zu sehr damit beschäftigt ist, allen zu gefallen.
Dass Veck-Gilodi dies als persönlichen Befreiungsschlag betrachtet, ist nachvollziehbar – musikalisch bleibt es dennoch eine ziemlich konventionelle Angelegenheit.
