Sieben Jahre Pause – für einen Techno-Produzenten eine halbe Ewigkeit. Mit „The Essence“ kehrt Paul Kalkbrenner nun zurück und zeigt, dass sich das Warten gelohnt hat. Der Berliner liefert ein Album ab, das seinem Titel gerecht wird: 12 Tracks, die sich konsequent auf das Wesentliche konzentrieren.

Über mehrere Jahre hinweg entstanden, trägt „The Essence“ eine meditative, fast intime Qualität in sich. Kalkbrenner selbst spricht von einem „Archiv persönlicher Zustände“ – und tatsächlich spürt man diese Konzentration in jedem Stück.

Ein charakteristischer Sound durchzieht das Album: etwas minimal Übersteuerndes, Glänzendes, das die Tracks zu einem geschlossenen Ganzen verbindet und Kalkbrenners unverwechselbare Handschrift trägt.

NINETY – TWO“ eröffnet mit allem, was guten Techno ausmacht: ein hypnotischer Lead-Sound, sparsam gestreute Vocal-Samples und Akkorde, die erst schweben, bevor der Bass sie verankert – pure Raver-Nostalgie.

Die träumerischen Synths von „DIE STÜBERNITZE“ setzen diese Stimmung fort, während mit „DREAMING ON“ ein Sample von Depeche Modes „Dream On“ die Hörer*innen in einen Traum entführt, in dem nur noch der Beat zählt.

Auf „KLETTERMAXE“ treffen UK-House-Einflüsse auf deutsche Texte („Ich bleib nicht stehen, geh immer weiter“) und zeigen Kalkbrenners Fähigkeit, 90er-Techno ohne Kitsch ins Jetzt zu übersetzen.

In einer Zeit, in der übertriebene Hardstyle-Kicks durch die Social-Media-Feeds rauschen, wirkt Paul Kalkbrenners Ansatz fast schon wie eine Gegenbewegung – konzentriert statt laut, subtil statt schrill.

Im weiteren Verlauf des Albums wird es noch melodiöser und minimalistischer, wobei reduzierte Ästhetik hier keineswegs mit Langeweile gleichzusetzen ist.

Mit hypnotischen Loops und fantasievollen Akkordfolgen, die stetig anschwellen und wieder abebben, bestimmen „DER SCHLÖRHEINZ“ und „SPIGITO BITE“ den Puls des Albums – ein rhythmisches Auf und Ab, das einen in den Bann zieht. Für „QUE CE SOIT CLAIR“ holt Kalkbrenner den belgischen Künstler Stromae ins Boot und wechselt in dunklere Gefilde.

Den Abschluss bildet „DIE TROMPETEN VON BERLIN“, dessen majestätisch-bedrohlicher Sound einen würdigen Schlusspunkt setzt, bevor der finale Trompetenton verklingt.

Das Album verliert zwar in der zweiten Hälfte durchaus etwas an Intensität, bleibt aber ein rundum positives Statement eines Künstlers, der seit zwei Jahrzehnten unerschütterlich seinen Weg geht.

„The Essence“ ist Musik zum Träumen, Erinnern und manchmal Grübeln – aber immer zum Tanzen.

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