The Wytches machen keine halben Sachen. Die Band aus Brighton hat mit ihrem fünften Album „Talking Machine“ ein Werk geschaffen, das einen von der ersten Note an in seine düstere Welt hineinzieht.
Der Opener und Titeltrack rattert direkt mit einem wuchtigen Gitarrenriff los. „Black Ice“ führt den kraftvollen Start weiter und streut dabei leicht orientalisch angehauchte Gitarren-Licks ein.
Das Zusammenspiel zwischen Rhythmus- und Leadgitarre funktioniert prächtig. Nur Kristian Bells unkontrollierte Gesangsweise á la Arctic Monkeys oder Cage The Elephant lässt die Texte manchmal im Treibsand der Verzerrung versinken – aber wer braucht schon jedes Wort, wenn die Stimmung stimmt?
Die erste Hälfte des Albums ist ein dreckiger Grunge-Rock-Trip mit psychedelischen Momenten und Goth-Anleihen. Dabei bedienen sich The Wytches geschickt bei Sounds der 60er und 70er Jahre, ohne dabei nostalgisch zu klingen. Das Trio mischt Headbang-Momente und harmonische Backingvocals in perfekter Dosis.
Songs wie „Factory“ brennen mit apokalyptischen Gitarren langsam vor sich hin. „Romance“ wird mit einer konstanten Orgelnote und Kopfstimmen-Harmonien beinahe meditativ.
Die Musik beschwört dabei die unterschiedlichsten Visionen herauf: einen verrauchten Pub, in dem eine obskure Band gerade ihr Equipment zusammenstöpselt. Ein rituelles Opfer bei Kerzenschein. Eine Teen-Halloween-Party aus den 80ern, komplett mit jugendlicher Protzigkeit und unheilvollen Melodien. Es ist, als würde man durch ein Portal in verschiedene Welten stolpern – immer mit dem Live-Charakter der Band im Rücken.
Bell zieht seine Inspiration aus dem Songwriting von Bob Dylan, Elliott Smith und Alex Chilton – und auf „Talking Machine“ zeigt sich diese Schule deutlich. Die rohe Energie bleibt trotzdem erhalten. Das Album weiß genau, wann es zuschlagen und wann es innehalten muss.
Ab der Albummitte wird es stiller. Die wilde Rock-Show ist vorbei, die Lichter sind aus. Was bleibt, ist der verregnete Weg nach Hause, Zigarettenrauch in der kalten Luft. Musik für dunkle Herbstabende.
Die zweite Hälfte liefert introspektivere und ruhigere Klänge. „Is The World Too Old?“ verzichtet erstmals auf den direkten Einsatz von Gitarren als Einstieg. Bei der Ballade „Don’t Make It For Me“ wird klar: The Wytches können auch leise brutal sein.
Das Finale des Albums „Romance 2“ reduziert alles auf zerbrechlichen Gesang, dramatisches Klavier und eine zitternde, gespenstische Geige, die unter die Haut geht. Der Closer lässt einen zurück mit dem Gefühl, gerade etwas Intensives erlebt zu haben – eine Achterbahnfahrt zwischen roher Energie und melancholischer Reflexion.