Yungblud ist erwachsen geworden, zumindest ein Stück. Mit „Idols“ liefert der 27-jährige Dominic Harrison sein bislang ambitioniertestes Projekt ab. Ein Album, das weniger auf schnelle Hits zielt als auf große Gefühle, stilistische Vielfalt und ein durchdachtes erzählerisches Konzept. Und ja, das klingt sehr klischeehaft. Aber es funktioniert.

Der Titel „Idols“ ist dabei ebenso simpel wie vieldeutig. Geht es um moderne Heldenverehrung? Um den Versuch, sich selbst treu zu bleiben in einer Welt voller Erwartungen? Oder um das Spiel mit der eigenen Rolle als Projektionsfläche? Wahrscheinlich um all das. Und noch mehr.

Bereits der Opener „Hello Heaven, Hello“ macht klar, wohin die Reise geht: eine neunminütige musikalische Odyssee zwischen Britpop, Glamrock und opulentem Orchesterdrama, irgendwo zwischen Pulp, und einem Hauch Muse. Erst im Kontext des Gesamtwerks entfaltet der Track sein volles Potenzial und setzt den Ton für ein Album.

„Idols Pt. 1“ knüpft daran an, erneut mit klaren David-Bowie-Anklängen, vieldeutiger Lyrik und emotionaler Tiefe.

Der fließende Übergang zu „Lovesick Lullaby“ ist meisterhaft gelungen. Letzteres ist ein klarer Höhepunkt des Albums. Bittersüß, tanzbar, mit dieser charakteristischen Yungblud-Energie, die hier erstmals nicht wie Trotz, sondern wie bewusste Kontrolle wirkt.

Neben dieser ungestümen Euphorie stehen Tracks wie „Zombie“ und „Ghosts“, die mit roher Emotionalität und erzählerischer Kraft bestechen. „Zombie“ ist eine tieftraurige Ballade, die sowohl lyrisch als auch visuell unter die Haut geht.

„Ghosts“ wächst über sechs Minuten hinweg zu einem musikalischen Ungetüm mit gewaltigem instrumentalen Finale.

Stilistisch bleibt „Idols“ durchweg wandelbar. Songs wie „Fire“, „War“ und das abschließende „Supermoon“ tragen eine dunklere, introspektive Handschrift.

Klar, nicht alles zündet. „The Great Parade“ etwa bleibt trotz guter Ansätze etwas blass, wirkt eher wie ein nicht ganz fertiger Placebo-Track. Doch selbst diese Schwächen fügen sich schlüssig in das narrative Konzept ein, das mehr auf die Reise als auf den Einzelerfolg setzt.

„Supermoon“ beendet das Album klaviergetragen und gefühlvoll, wie ein Abspann, der lange nachklingt. Thematisch zieht sich der Gedanke der Selbstakzeptanz durch das Album. Idole sind nicht unfehlbare Vorbilder, sondern Spiegel, und manchmal auch Fesseln.

Mit „Idols“ gelingt Yungblud ein musikalisches Statement, das sowohl eine Hommage an die Größen der 80er und 90er wie Bowie, Blur und Queen darstellt, als auch einen mutigen Schritt in eine neue künstlerische Phase markiert.

Es ist ein Album für Fans, für Skeptiker und für alle, die Musik nicht nur hören, sondern fühlen wollen.

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