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Manchmal wünsche ich mir schon ein festeres Fundament – Isaac Gracie im Interview

In schnelllebigen Zeiten, in denen nichts liegenbleiben darf und scheinbar jede Sekunde zählt, werden geduldige Persönlichkeiten nur allzu gerne außen vor gelassen. Der Fall Isaac Gracie zeigt jedoch, dass sich Gelassenheit und das richtige Gespür für den Moment mitunter auch auszahlen. Nach einer jahrelangen Phase des Suchens und des Findens, in der der blondmähnige Brite jeglichen Druck von sich abprallen ließ, ist nun die Zeit gekommen, um die Tür in die große, weite Welt aufzustoßen.

Und der Erfolg gibt Isaac Gracie Recht. Nach zwei appetitanregenden EPs liegt dem Sänger die halbe Singer/Songwriter-Welt zu Füßen. Alle wollen wissen, wie es klingt: Das Debütalbum von Englands neuestem Stern am Branchenhimmel. Kurz vor der Veröffentlichung seines selbstbetitelten Erstlings trafen wir uns mit Isaac Gracie zum Interview und sprachen über das Musizieren zwischen den Stühlen, künstlerische Einflüsse und das Arbeiten im Kollektiv.

MusikBlog: Isaac, dein selbstbetiteltes Debütalbum klingt wie das Tauziehen zweier Genres – mal steht melancholischer Folk mehr im Vordergrund, mal luftiger Pop. Fühlst du dich manchmal wie jemand, der zwischen den Stühlen sitzt?

Isaac Gracie: An manchen Tagen wünsche ich mir schon ein festeres Fundament. Grundsätzlich bin ich aber froh darüber, dass ich mich stilistisch nicht nur in eine Richtung bewege. Das zeigt, dass ich offen bin und in puncto Entwicklung noch längst nicht abgeschlossen habe.

MusikBlog: War diese Sound-Zerrissenheit auch ein Grund dafür, dass du dir für dein erstes Album so lange Zeit genommen hast?

Isaac Gracie: Vielleicht unterbewusst. Ich habe mir lange Zeit einfach keine großen Gedanken über das erste Album gemacht. Ich war einfach froh, Konzerte zu geben und hin und wieder ein paar Songs online zu stellen. Dieser ganze Business-Apparat hat mich nicht wirklich interessiert.

MusikBlog: Wann hat sich diesbezüglich das Blatt gewendet?

Isaac Gracie: Das war ein Prozess, der mit der Veröffentlichung meiner ersten EP losgetreten wurde. Irgendwann steckte ich dann mittendrin. Aber auch während dieser Zeit habe ich mich nicht verrückt machen lassen. Ich habe einfach nur weiter Songs geschrieben.

MusikBlog: Nun liegt das Ergebnis auf dem Tisch. Bist du zufrieden? Oder hättest du dir gerne noch ein bisschen mehr Zeit gelassen?

Isaac Gracie: (lacht) Nein, ich bin jetzt bereit. Ich fühle mich jetzt auch ein bisschen befreit. Wenn man alles betrachtet, hat die Arbeit an dem Album ungefähr zwei Jahre in Anspruch genommen. In dieser Zeit habe ich viel erlebt, mich entwickelt und auch musikalisch neue Wege eingeschlagen. Mein Songwriting hat sich mit der Zeit verändert. Die älteren Stücke auf dem Album sind im Vergleich zu den neueren Tracks auf einem ganz anderen Fundament entstanden. Das ist eine spannende Entwicklung, die man auf dem Album gut raushören kann.

MusikBlog: Bei neuen Künstlern kommen vermeintliche Kenner ja immer gerne mit Vergleichen um die Ecke. In deinem Fall hört man oftmals die Namen Jeff Buckley und Jake Bugg. Zu Recht?

Isaac Gracie: Jeff Buckley ist schon jemand, dem ich mich musikalisch sehr verbunden fühle. Da ehrt es mich natürlich, wenn ich auf irgendeine Art mit ihm in Verbindung gebracht werde. Aber es gibt auch noch viele andere Künstler, die mich inspiriert haben, und auch immer noch inspirieren. Radiohead, The Smiths, Bob Dylan: Ich bin da sehr breitgefächert. Ich lasse mich aber nicht nur von Musik beeinflussen. Manchmal sind es auch Filme, oder einfach nur Gedanken in meinem Kopf, die eine Song-Idee entstehen lassen. Das ist immer ganz unterschiedlich.

MusikBlog: Du hast zuerst alleine musiziert. Mittlerweile hast du eine Band mit an Bord. Wie wichtig ist dir der kreative Austausch mit deinen Kollegen?

Isaac Gracie: Ich wollte schon immer Teil einer Band sein. Das war von Anfang an mein Traum. In den letzten zwei Jahren hat sich das auch endlich so ergeben, und ich bin richtig happy, dass es so gekommen ist. Wir haben die Platte als Band aufgenommen. Und wir werden auch live als Band auftreten. Diese Verbindung ist mir unheimlich wichtig. Ich lerne viel von den Jungs und habe viel Spaß dabei, mich innerhalb eines Kollektivs weiter zu entwickeln. Ich meine, ich schreibe ja nicht nur ruhige Songs. Manchmal wird es auch lauter und kantiger. Und dann ist es schon von Vorteil, wenn man diese Energie auch richtig umsetzen kann.

MusikBlog: Welchen Stellenwert hat die Live-Performance für dich?

Isaac Gracie: Einen sehr, sehr hohen. Ich sitze gerne in meinem Schlafzimmer und schreibe neue Songs. Das sind tolle Momente, keine Frage. Man kreiert etwas Neues. Das hat schon was. Aber ich liebe es auch, auf der Bühne zu stehen. Ich kann mich noch gut an einen Festival-Auftritt in Rotterdam erinnern. Da kannte mich noch niemand. Ein paar Monate später habe ich dann in derselben Stadt eine ausverkaufte Club-Show gespielt. Dieses Gefühl, wenn du merkst, dass die Leute eine Verbindung zu dir und deiner Musik aufnehmen, ist einfach unbezahlbar.

MusikBlog: Vielen Dank für das Interview.

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