Melancholie trifft auf Minimalismus. Das beweisen The xx nun schon zum zweiten Mal. Magisch und unaufdringlich – so könnte man ihre Musik mit knappen Worten umschreiben. „Coexist“ steht dem Debütalbum „XX“ von 2009 in nichts nach. Dabei lag die Messlatte ziemlich hoch. Was die damals noch vierköpfige Band – alle um 1990 geboren – aus dem Südwesten Londons da ablieferte, passte in keine Musiksparte.
Die Musik weist eine sehr berührende Tiefe auf, die man sonst nur erfahrenen Musikern zuschreiben würde und vielleicht nicht unbedingt vier 19-jährigen Jugendlichen einer Londoner Vorstadt. Kritiker bemühten sich vergebens, The xx in irgendeine Schublade zu stecken. Sie definieren einen ganz neuen, eigenen Stil, klingen einzigartig, mysteriös, aber auch schüchtern – einfach unfassbar gut.
Irgendwie ist alles beim Alten geblieben und doch hat sich alles verändert. So ist aus dem Quartett ein Trio geworden. Trotzdem sind The xx bei ihren Stärken geblieben: geschliffen-schöner Gesang und ein dosierter Einsatz an Instrumenten. Den Anfang macht „Angels“ mit spärlich gesäten elektronischen Klängen, also gewohntem xx-Sound, der direkt überzeugt und eingängig ist. Schön ist die Abwechslung der Stimmen von Oliver Sim und Romy Madley Croft. Beim neuen Album gehen sie sogar soweit, dass Bassist Oliver einen Song allein singt („Fiction“).
„Coexist“ macht da weiter wo „XX“ aufgehört hat. Es ist hypnotisch, zieht den Hörer in seinen Bann. The xx schweben in eigenen Sphären und kreieren dabei eine Welt, die so dunkel und düster ist, dass man ihre Musik am Liebsten ganz allein und zurückgezogen unter seiner Bettdecke hören möchte. Aber es kommt ein Licht am Ende des ganzen Leids.
The xx liefern mit ihrer Musik einen Gegenpol zur Hektik des Alltags. Wo andere Bands verzweifelt versuchen, irgendwie aufzufallen, hält die Band sich dezent im Hintergrund zurück. Wo andere Schlagzeilen machen, geben sich Jamy Smith, Oliver Sim und Romy Madley Croft betont unauffällig. Sie tragen ausschließlich dunkle Kleidung und üben sich in britischer Zurückhaltung. Auch die Cover der beiden Alben zieren jeweils ein schlichtes X. Das Trio lässt bei ihren Songs alles weg, was andere sich nicht trauen wegzulassen. Extrem reduzierte Songs mit minimalistischen Einflüssen; dabei nutzen sie Bass, Gitarre und eine Drum Machine.
Was bleibt, sind elf Songs, die einem den Atem stocken lassen, melancholische Lieder und Texte, die einem ans Herz gehen („Missing“). Den Sound von The xx einem bestimmten Genre zuzuordnen, ist schwer möglich. Das Album folgt einem inneren Spannungsbogen. Höhepunkte sind sicherlich Songs wie „Chainend“, „Reunion“, „Sunset“ und „Unfold“. Man wagt es kaum, Anspieltipps zu geben, da das Album einem Gesamtkonzept folgt und in sich abgeschlossen wirkt. The xx haben es wieder geschafft, zu gefallen. Einziges Manko: Diejenigen, die sich zumindest bei den Refrains mehr Explosivität und Lautstärke wünschen, werden auch dieses Mal enttäuscht werden. „Abgehen“ ist nicht ihr Ding. Den Stil von The xx muss man schon mögen.
Fazit: Eine ruhige, warme, traurige, aber auch hoffnungsvolle Platte – endlich wieder ein Album, das man sich als Ganzes anhören kann und sollte.