Rocko(K)eine Sternstunde der Bedeutungslosigkeit. War ja auch kein Sonntag. Es ist der sogenannte „Lauf der Dinge“, der uns allen irgendwann wohl mehr oder weniger zu schaffen macht. Der Zahn der Zeit, der an uns nagt und bohrt. Und noch bevor man überhaupt Rocko Schamoni sagen kann, ist man schon Staub im „Area 51“ und sieht den Aliens beim Anflug auf die Erde zu.

Eben jenen Eindruck hätte man bei Rocko Schamoni’s letztem Besuch im Leipziger Conne Island haben können, als er mit Fraktus die Bude, zumindest halb, auf den Kopf stellte. Zu seinem Soloprogramm bittet das vielzitierte Multitalent (weitere Multitalente: Sido, Oliver Kahn und Donald Duck) in gemütlicher und bestuhlter Szenekneipen-Atmosphäre das Publikum in die Manege. Dresden, Leipzig – scheißegal, der Künstler weiß offensichtlich auch nicht so genau wo er hier schon wieder gelandet ist. Dass die Läden alle gleich aussehen glaube ich ihm aufs Wort.

Das Programm besteht aus gelesenen Sequenzen seines schriftlichen Repertoires, heiteren Zwischenbemerkungen und einigen gesungenen Stücken. Man bekommt, was man erwartet, Schamoni scheint entspannt und plauscht locker mit dem Volke. Höhepunkt seiner künstlerischen Darbietung ist das Rauchen einer Zigarette trotz des allgegenwärtigen Rauchverbots. Wild und roh in seinem Aufbegehren gegen die Obrigkeit zeigt sich der Anarchist und Freigeist hier von seiner harten Seite. Keine Mauer ist ihm zu hoch, kein Stern ist ihm zu weit entfernt.

Diesen Geist wollen und brauchen die einfachen Menschen in diesen schweren und unsicheren Zeiten. Überall schlägt das Kapital um sich und es dröhnt die schlechte Musik laut und ungefiltert aus den Soundbars. Wenn es in 100 Jahren anstelle der Elbphilharmonie eine deutsche Freiheitsstatue gibt und tausende amerikanische Flüchtlinge in überladenen Booten in den Hamburger Hafen einlaufen, dann muss dort Rocko „Rocky“ Schamoni mit Kippe in der Hand stehen.

Schamoni’s Musik (u.a. Klassiker wie „Der Mond“) lädt zum Schwelgen ein und zur Träumerei, zum Mitsummen und Mitdenken. Er liefert insgesamt ein rundes Programm ohne Ecken und Kanten, wahrscheinlich abgelutscht von der Zunge im Mund der Zeit. Denn wo es Zähne gibt, muss es auch eine Zunge und das ganze andere Zeug geben. Und dann war ja auch schon Sonntag.

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