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Frank Turner – Live in der Tonhalle, München

„We’re gonna cheat with the singalong“, ruft Frank Turner lächelnd ins Publikum. Mit einem verschmitzten Augenzwinkern steht der große Brite im weißen Hemd gut gelaunt am Mikrofon – doch etwas trübt das Bild, denn Frank Turners Markenzeichen fehlt: die Gitarre.

Seit diesem Sommer leidet der Brite unter entsetzlichen Rückenschmerzen. Der Arzt riet zur OP, einige Festivals mussten abgesagt werden und danach verordnete der Arzt striktes Gitarrenverbot. Eigentlich hatte ihm dieser sogar aufgetragen, zur besseren Genesung die komplette Tour abzusagen.

Der Einfluss des Doktors scheint nicht besonders groß gewesen zu sein, denn Frank Turner schlägt alle Warnungen in den Wind und geht auf große Europatour – mit allein 11 Stopps in Deutschland.

Viele der bekannten Songs erklingen nun an diesem Freitagabend in der Münchner Tonhalle durch die fehlende Gitarre im neuen Gewand, was auch einige Vorteile bietet: „We’re gonna play some old songs, played in a new way.“

Bei „English Curse“ muss Frank Turner etwas schummeln und eine Acapella-Version anstimmen. Da er nun die Hände frei hat, braucht er auch kein Metallgestell als Mundharmonika-Halter, was zum einen gut für seinen Rücken sein dürfte und ihm auch mehr Beweglichkeit auf der Bühne verschafft.

Lediglich ein einziges Mal kann er beim Song „Eulogy“ doch nicht die Finger von seiner Gitarre lassen: „I’m gonna play against the doctor’s orders.“

Frank Turner zeigt sich während des Konzerts sehr gesprächig und gibt zu, dass er bislang weniger gute Erfahrungen mit München gemacht hat. Das erste Mal war er 2009 als Support von The Gaslight Anthem in der Metropole gewesen: „I don’t wanna talk about it. I got so wasted!“

Erst im Mai diesen Jahres hatte Frank Turner sein neues Album „Tape Deck Heart“ auf einer Clubtour in München vorgestellt  – damals noch im kleineren Strom. Als nächster Schritt stand nun eigentlich das Münchner Backstage als Location an. Dem immer größeren Radio-Airplay von Songs wie „Recovery“ und „The Way I Tend To Be“ geschuldet, wurde das Konzert allerdings im Vorfeld schon in die größere Tonhalle verlegt.

Etwas Platz ist noch frei in der Tonhalle, aber den angereisten Fans wird eine große Show geboten. Wegen seinem Rückenleiden zählt Frank Turners Band The Sleeping Souls mittlerweile fünf Personen, da nun ein zusätzlicher Gitarrist mit im Boot sitzt – der innerhalb von nur wenigen Tagen eine erstaunliche Bandbreite an Songs lernen musste.

23 Songs packt Frank Turner in seine Setlist – und geht dabei quer durch seine inzwischen achtjährige Solo-Karriere. Natürlich steht das aktuelle Album „Tape Deck Heart“ im Mittelpunkt, aber auch Songs wie „Long Live The Queen“ und „I Still Believe“ werden vom Publikum begeistert abgefeiert und lassen die Punk-Wurzeln des ‚Wessex Boys‘ erahnen.

Daneben beweist Frank Turner erstaunliche Deutschkenntnisse, die von Tourstopp zu Tourstopp immer besser zu werden scheinen: „Die Kühe trinken das Whiskey, die Kuh ist im Arsch.“

Ein Cover von „Eulogy“ singt er tatsächlich komplett in deutscher Übersetzung – zwar muss er hin und wieder auf einem Zettel spicken, aber das Gehörte klingt erstaunlich souverän.

Zum Schluss sorgt „Four Simple Words“ für wilde Pogokreise, ehe „Photosynthesis“ nach fast zwei Stunden die Show beendet. Frank Turner greift lächelnd nach den auf ihn zufliegenden Seifenblasen aus dem Publikum und bringt eine davon mit seinem Zeigefinger zum Platzen.

Die Rebellion gegen den Doktor dürfte er wohl nicht bereut haben.

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