Eine leckere Pizza im Ofen und du darfst sie nicht essen? Ein Album aufgenommen und alles bereit für den großen Release, aber du darfst die Platte nicht veröffentlichen? So erging es A Day To Remember im letzten Frühling. Das Album stand in den Startlöchern, doch der seit 2011 währende Rechtsstreit mit dem Label Victory Records verhinderte die Veröffentlichung. Erst nach dem gewonnenen Prozess im Herbst durften A Day To Remember das Album in Eigenregie und deshalb ohne große Promotion der Welt präsentieren.
Kein Wunder, dass „Common Courtesy“ sich deshalb durch ordentliches Feuer auszeichnet. Der angestaute Zorn über das Label, der sich schon in Songtiteln wie „The Document Speaks For Itself“ oder „Sometimes You’re The Hammer, Sometimes You’re The Nail“ und auch in den Texten niederschlägt, ist als direkte Botschaft an Victory Records zu sehen. Das Dilemma der Band: eigentlich schulden sie Victory Records noch zwei weitere Alben. Es wäre auf jeden Fall spannend zu beobachten gewesen, wie die Songs auf „Common Courtesy“ ohne die Wut des Rechtsstreits ausgefallen wären. So ist ein noch bunterer Genremix als auf früheren Alben zu bestaunen: Brachiale Breakdowns treffen auf melodische Momente und Akustikgitarren. Über die Stilfindung von A Day To Remember sagt Mastermind Jeremy McKinnon: „Wir mochten schon immer die Brachialität des Hardcore ebenso wie die Melodien des Pop-Punk, und wir konnten uns nicht entscheiden, in welche Richtung es gehen sollte. Also sagten wir uns: Egal, lass uns beides machen.“
Neben nach einem Moshpit schreienden Songs befinden sich deshalb auch genug jener Lieder auf „Common Courtesy“, die für den immensen Bekanntheitsgrad der Band sorgten: Poppige Punk-Rocksongs, die an manchen zuckersüß gesungenen Stellen wie klebrige Zuckerwatte schmecken und unaufhörlich durch die Gehörgänge rauschen. Bestes Beispiel hierfür ist die erste Single „Right Back At It Again“, einem Ohrwurm erster Klasse. Songs wie „Dead & Buried“ schmecken mit ihrem Pop-Core dann schon eher nach Schokolade mit ordentlich feuriger Chili – und „Life Lessons Learned The Hard Way“ dank knapp zweieinhalb durchgeknüppelten Minuten wie Chili auf ex. Immer wieder ist es erstaunlich wie brutal Sänger Jeremy McKinnon zu shouten vermag, um im nächsten Moment wieder auf seine glockenhelle Gesangsstimme umzuschalten.
Etwas überraschend befinden sich auch drei Balladen auf „Common Courtesy“, die vor allem an die alten Erfolge von „If It Means A Lot To You“ anknüpfen und beweisen, dass A Day To Remember auch die ruhigen Töne mit der Akustikgitarre beherrschen. Die-Hard-Fans der ersten Stunde werden an dieser Stelle A Day To Remember den Ausverkauf vorwerfen. Dem ist entgegenzuhalten, dass dann wohl auch die Mosphitsongs fehlen müssten. Die mitreißenden Melodien sind zwar gezielt auf die breite Masse geschrieben, aber durch die extrem abwechslungsreiche Tracklist ist „Common Courtesy“ bei weitem kein bloßes Pop-Rock-Album geworden.
Seit 2003 sind A Day To Remember nun schon unterwegs und ihr heimliches Motto „We’re taking over the World“ war noch nie so real wie heute. In den USA verkaufen A Day To Remember mittlerweile jede Halle beliebiger Größenordnung binnen kürzester Zeit aus, selbiges ist auch aus Großbritannien zu berichten, wo die Band zu Promotionzwecken einen kurzen Stopp bei der Vans Warped Tour einlegte. Dass die Songs live noch eine Spur schneller und mitreißender ausfallen belegt auch der erstaunlich rasche Aufstieg der Amerikaner in die großen Arenen Europas. Nach Auftritten bei Rock am Ring und im Park kommen A Day To Remember im Januar und Februar nun erstmals mit dem neuen Album im Gepäck auf Deutschlandtour. Auch ohne großes Label im Rücken dürften sie brechend volle Hallen erwarten. A Day To Remember waren nie wütender und kraftvoller – die erste Gelegenheit sich davon zu überzeugen steht am 25. Januar im Zenith in München an.