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The Hidden Cameras – Age

Hidden Cameras (Credit Elsa Quarsell)Männliche Gogo-Tänzer in den Kirchen von Toronto – So hat 2001 alles angefangen, denn dort hat der Singer/Songwriter Joel Gibb mit seiner Band The Hidden Cameras seine ersten und legendären Konzerte gegeben. The Hidden Cameras ist ein Künstlerkollektiv, das in immer unterschiedlicher Besetzung spielt. Mal mit sieben, mal mit zwanzig Leuten, je nachdem wo sie gerade auftreten. Mittlerweile lebt Joel Gibb in Berlin und hat seinen Platz als Sänger und Künstler gefunden. Das hört man auch auf seinem neuen Album “AGE”, das am 24.Januar 2014 erscheint.

Schon der Albumtitel der neuen Platte verrät, worum es geht. “AGE” ist ein Coming-of-age Album. Rückblickend durchwandert Joel Gibb die verschiedenen Stadien des Lebens, wobei das Alter an sich gar keine so entscheidende Rolle spielt. Viel wichtiger ist die moralische Verantwortung, die jeder Mensch sein ganzes Leben über trägt. So ist es auch kein Zufall, dass Bradley Manning im Album Cover zu finden ist. Für Joel Gibb ist Manning einer der wenigen Männer, der Courage gezeigt und Verantwortung übernommen hat. Für Gibb selbst sind es seine Songtexte, in denen er Verantwortung übernimmt. Er will in erster Linie eins sein mit seinen Songs, und zwar: ehrlich. In den Tracks auf der neuen Platte “AGE” liegt immer eine Spur von dunkler, hilfloser Melancholie. Joel Gibb sieht sich selbst und sein Schaffen in einer Tradition mit Oscar Wilde und Charles Baudelaire.

Mehmet Scholl outet sich als großer Fan

Schockiert haben die Hidden Cameras 2007 die vielleicht doch eher konservativen FC Bayern München Fans in der Allianz Arena. Mehmet Scholl hatte sich für sein Abschiedsspiel gegen den FC Barcelona ausdrücklich genau diese Band gewünscht. Männliche Gogo-Tänzer, Songtexte, in denen es um Schwule geht – gerade wieder sehr aktuell im Fußball dank Thomas Hitzelsperger. Vielleicht ging es Mehmet Scholl gar nicht in erster Linie darum, seinen Musikgeschmack zu erfüllen, sondern vielmehr darum, eine längst überfällige Diskussion anzuregen.

Für Diskussionen und Provokationen sind die Hidden Cameras auf alle Fälle die richtige Wahl, denn das ist es, was sie wollen. Ihre Songtexte sind häufig zweideutig und entwickeln sich manchmal völlig anders, als erwartet. Ihr Song “Gay Goth Scene” war zum Beispiel am Anfang als ironischer Witz gedacht. Der Titel ist schon mehr als zehn Jahre alt. Joel Gibb hat ihn in Toronto geschrieben, als er noch bei seiner Mutter wohnte. In dem Song geht’s um einen frisch-verliebten schwulen Teenager und seine Eltern, die schreckliche Angst davor haben, dass ihr Sohn in die Gothic-Szene abgleiten könnte. Der Berliner Regisseur Kai Stänicke hat zu dem Song einen Kurzfilm gedreht, der die Geschichte sehr ernst nimmt. Der Goth-Junge wird in der Schule gemobbt, so lange bis er sich schließlich gegen seine Mitschüler wehrt. Und so ist auch “Gay Goth Scene” mit seinen Moll-Akkorden und dem dunklen Barriton von Joel Gibb kein Witz mehr.

Bei ihrer letzten Show in Berlin im Juli 2007 waren die Hidden Cameras zurückhaltender: keine Gogo-Tänzer in Lederhosen, kein Zombie-Chor und keine allzu verrückten Aktionen auf der Bühne. Gefeiert hat das Publikum aber trotzdem, weil sich zu den ältern Indie-Pop Songs auch einfach gut hüpfen lässt. Mal sehen, was die Fans auf den Konzerten 2014 noch so erwartet. The Hidden Cameras touren im Januar und Februar durch die ganze Welt und treten unter anderem in München und Berlin auf.

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