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Laibach – Spectre

Laibach (Credit Maya Nightingale)Seltsam, dass ausgerechnet das slowenische Künstlerkollektiv Laibach über 8 Jahre gebraucht hat, um seinen Senf zu den außer Kontrolle geratenen globalen Entwicklungen plus Eurokrise zu geben. Dabei scheint doch gerade ihnen, die aus einem Teil Europas kommen, in dem kein Volk einen Konflikt aus dem Weg geht, derartige Themen auf den Leib geschneidert, mahnten sie in ihren präapokalyptischen Frühwerken mit martialischer Übertreibung in Klang, Kostüm und Uniform die katastrophalen Folgen derartigen Werteverfalls an (wobei Uneindeutigkeit und universelle Verwertbarkeit ihres Auftretens die Band mit zahlreichen Vorwürfen und Verdächtigungen konfrontierte, die diese frei nach „Jede Kunst ist politischer Manipulation unterworfen […], außer jener, die die Sprache eben dieser Manipulation spricht.“ geschickt für sich nutzte).

Seit der letzten Platte „Volk“ widmeten sich Laibach der Veröffentlichung ihrer Werkschau (A Introduction  To Laibach/Reproduktion Prohibited“), der Johann Sebastian Bach Adaption „LAIBACHKUNSTDERFUGE“, dem Soundtrack zum Low Budget Kassenschlager „Iron Sky“ und geisterten über diverse Gothic-Treffen (Gothics, eine Randgruppe, die sich praktisch jede Glasmurmel andrehen lässt, sobald jemand Okkultpotential darin erkennt). Vermutlich muss das auch sein, damit die Kunst nicht im Wortsinn brotlos bleibt und in der Schlange vor der Künstlersozialkasse endet.

Jetzt also „Spectre“: „Die Menschen haben genug vom politischen und ökonomischen Establishment und wollen die Macht in die eigenen Hände nehmen, um Würde und Solidarität in ihr tägliches Leben zu bringen“ sagen Laibach. So weit so gut, leider möchte genau das  in der Regel nur der eine Teil der Bevölkerung, was dann regelmäßig in einem Bürgerkrieg endet. Die Platte handelt deshalb von „Politik und der Bildung politischen Bewusstseins“.

Das Cover Art Work erinnert schon mal an einen Blitzableiter aus den 30érn und die Arrangements wirken noch immer präzise wie ein Zapfenstreich. Tatsächlich offenbaren sich beim Hören für Laibach Verhältnisse ungewöhnlich klare Positionierungen. Vor wem der Opener „The Whistleblower“, ein zackiger Marsch (zuletzt bei „Im Frühtau zu Berge“ in dieser Konsequenz  gehört) den Hut zieht ist, unschwer zu erraten, die neuen Helden „Living in Fame/Dying in Flame“ zeigen aber Big Brother den Mittelfinger.

Der brummende Sprechgesang von Sänger Milan Fras (der seine Partisanenhaube seit der 1987ér Opus Dei Platte nicht mehr abgenommen hat) über hartem Electrogewummer paart sich im Verlauf der Aufnahmen wieder mit einer klaren Frauenstimme und selbst diese klingt im Kontext technisch wie man es schon von „Across The Universe“ aus dem Cover-Album „Let It Be“ kennt.

Die Texte Lyrics zu nennen verbietet sich, es sind entweder Analysen („Europe will falling apart“ aus „Eurovision“) oder gereimte Verfahrensanweisungen wie „Let´s make some noise/When Kingdoms fall/And dance to the rhythm/Of a devils call“ aus „Eat Liver“, einem Stück welches klingt wie der exakte Klon von „Alle gegen Alle“ von der 1994ér „Nato“ Scheibe. „Resistance Is Futile“ heißt ein Stück ,was grundsätzlich stimmt, in Bezug auf die vorliegenden Aufnahmen bedeutet Resistance aber Skip Taste, denn insgesamt bleibt „Spectre“ musikalisch vorhersehbar und ist schon gar nicht revolutionär. Da nützt auch das Bertold Brecht Tanztheater in den zugehörigen Videos nichts.

Im abschließenden „Koran“ heißt es „The Future is invisible“ und vielleicht gibt es in dieser Zukunft auch mal wieder ein vernünftiges Laibach Album.

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