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Avey Tare’s Slasher Flicks – Enter The Slasher House

Avey Tares Slasher Flicks (Credit Atiba Jefferson)Eine kleine Plüschkatze fährt mit ihrem Auto durch einen Schwarzweißfilm. Der Soundtrack im Hintergrund ist ein melancholisch-gelangweilter Pop-Beat. Die Katze hat Vampirzähne und trägt einen spitzen Clownshut. Sie steuert ihren Wagen durch eine kurvenreiche Strecke und quietscht fröhlich: „You’re something special!“. Auf der Rückbank sitzen drei Geister, die im Takt mit dem Kopf nicken.

Stopp. Auf dem Boden bleiben. Ich bin völlig nüchtern und mir hat auch keiner etwas in den Kaffee gemischt. Sobald ich aber wieder die Play-Taste drücke, bin ich mir da nicht mehr so sicher. Avey Tares neues Album „Enter The Slasher House“ erinnert stark an einen LSD-Trip, oder das was man sich in der Regel darunter vorstellt. Die Lieder sind voll mit Effekten aus dem Psychedelic-Rock: Echos, Rückkopplungen und schief vibrierende Töne begleiten den Rock-Pop-Sound und den schrägen Gesang, der oft nur irgendwo aus dem Hintergrund zu hören ist.

Die Vampirkatze ist übrigens die Hauptdarstellerin im Video zur Single „Little Fang“ (zu Deutsch „kleiner Vampirzahn”). Sie tanzt über einen Rummelplatz zwischen lachenden Clowns und hässlichen Fratzen – Ein Horrortrip, aber ein sehr eingängiger: „Little Fang“ ist nicht der beste Song auf dem Album, aber der, der am schnellsten zum Kopfnicken und Mitsingen einlädt (und als erster auf die Nerven geht) – ein typischer Ohrwurm.

Das restliche Album, das unter dem Projektnamen Avey Tare’s Slasher Flicks erschien, ist viel abgedrehter. Der Experimentalmusiker aus Los Angeles schlägt die Gitarre, trommelt wild herum, dreht am Synthesizer, singt und schreit. Der Trip durch das „Slasher House“ klingt mal ruhiger, mal wilder, aber nie gewöhnlich und immer irgendwie nach Zerstörung.

Der Song „Duplex Trip“ beginnt mit einem Keyboard, das sich anhört, als würde es in einer laufenden Waschmaschine gespielt werden. Während ich noch überlege, wie der Musiker das Instrument da rein gebracht hat, geht der Deckel zu und ich werde schon von einem fröhlichen Dreivierteltakt mitgerissen. Ich sitze also zusammen mit Avey Tare in der Waschmaschine, er singt lauthals „I need an easy moment!“ und alle sind glücklich.

Düsterer geht es bei „The Outlaw“ zu, einem Song, der schon fast militärisch klingt. Das Schlagzeug hämmert wie eine Armee, die zusammen mit tiefen Streichern und grimmigen E-Gitarren durch das Tal der Gesetzlosen marschiert. „The outlaw is the future!“ lautet Avey Tares Message, die am Anfang noch melodisch und schön klingt, sich am Ende aber immer mehr zu einem aggressiven Marschtrommel-Gebrüll steigert.

Am besten hört sich der Multi-Instrumentalist an, wenn er hoch und mehrstimmig singt, wie bei „Strange Colores“. Hier stampft der Rhythmus vor sich hin wie eine Fabrikmaschine: hart und unmelodisch. Der Gesang durchbricht diese monotone Fließband-Szene und macht den Song zum besten Stück auf dem Album. Am liebsten möchte man sofort mitgrölen – hier stimmt wirklich alles.

„Enter the Slasher House“ von Avey Tare’s Slasher Flicks ist Musik für Teenager, die ihre Eltern ärgern wollen, für Menschen, die zu viel Zeit im Büro verbracht haben und laut schreien wollen: „Ich lebe noch!“, und für alle, die mit Ruhe überhaupt nichts anfangen können – eine Platte voller Trash, Chaos und vieler starker Momente.

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